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Von der Enns an die Enz

Die österreichische Einwanderung des 17. Jahrhunderts im Raum Maulbronn und ihre Folgen.

Fritz-Gerhard Link

Die seit Jahren vor allem aus Krisenregionen ankommenden Migranten bewegen die Gemüter stark. Zuletzt haben die Flüchtlingsströme nach dem Zweiten Weltkrieg oder die Rückkehrer aus Russland und anderen osteuropäischen Staaten gezeigt, wie die beiden Letzteren das Land gerade auch positiv mitgestaltet haben. So lässt sich erahnen, dass die Einwanderungen nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) sowie dem Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) das Gepräge in den Gemeinden damals ebenfalls zum Guten verändert haben. Die sichtbaren Folgen an neuen Gemeinden, Gebäuden und Namen infolge der damaligen Zuwanderung durch die waldensischen Glaubensflüchtlinge aus Piemont (Italien) ist bekannt. Auf die Bedeutung der Schweizer Zuwanderer für den Pforzheimer Raum ist erst durch die Publikationen von Konstantin Huber ein größeres Publikum aufmerksam geworden. Dass nun protestantische Glaubensflüchtlinge auch aus Österreich vor allem Schützingen aber auch andere Enzkreis-Gemeinden noch bis heute geprägt haben, ist bisher kaum bekannt bzw. in Vergessenheit geraten. Der Autor dieses Beitrags selbst ist ein Nachkomme des um 1670 aus Oberösterreich nach Schützingen eingewanderten Joseph Bahmer.

Die konfessionell motivierten Einwanderer aus Österreich waren vor allem zwischen 1650 und 1665, also schon Jahrzehnte vor den Waldensern, zugewandert. Unsere Raumschaft verdankt diesen österreichischen Zuwanderern wirtschaftliche Impulse und eine demographische Neubelebung nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg. Dieser hatte durch Flucht, Plünderung, Hungersnöte und Seuchen gerade hier erhebliche Menschenverluste zur Folge gehabt hatte. Vorübergehend waren Dörfer wie Schützingen sogar fast völlig menschenleer geworden.


Abb. 1: Endstation der österreichischen Einwanderer im Stromberg-Gebiet war neben Gündelbach und Zaisersweiher vor allem Schützingen. Das Bild ist die älteste Ortsansicht. Es entstammt der Kieserschen Forstkarte, die in den Jahren 1681-1686 gefertigt wurde. (Kiesersche Forstkarte aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 107-16 Bd. 5, Bl. 9, Bild 1 (1-513585-1) 

Schützingen als wichtige Exil-Station
„Das Zeilendorf Schützingen war „durch Krieg, Hunger und Pestilenz neben anderen Orten im Jahr 1634 und folgenden aus gerechtem Gericht Gottes dermaßen ruiniert und verderbt, dass unter einhundert Bürgern nur ein einziger namens Georg Kifhaber (Bürgermeister und Verwalter der Armenkasse) übriggeblieben.1.“ Als dies Pfarrer M. Jakob Mehr im Jahr 1650 im Vorwort zum Kirchenbuch niederschrieb, was der Dreißigjährige Krieg schon zwei Jahre zu Ende. Freilich war die Aussage, es habe nur einen einzig Überlebenden gegeben, nach dem fränkischen Familienforscher Eberhard Krauß eine Legende, denn zumindest fünf Familiennamen waren aus der Zeit vor dem Krieg erhalten geblieben.2 In dieser Zeit versuchte der 1634 in Kloster eingezogene katholische Abt Schaller in den Ortschaften des Amtes Maulbronn wieder die katholische Religion zu etablieren. Als das Amt Maulbronn jedoch beim Westfälischen Frieden von 1648 wieder Württemberg zugeführt und der Augsburger Religionsfrieden von 1555 erneut anerkannt wurde, war die Gegenreformation – kontra den hier geführten evangelischen Glauben – hier endgültig beendet. Schützingen erhielt eine neue evangelische Pfarrstelle, die am 6. November 1649 mit dem Kurpfälzer Pfarrer M. Jakob Meh besetzt wurde.3 Zwölf Jahre zuvor mussten die Einwohner – zumal in der Kriegszeit – ohne einen eigenen Geistlichen auskommen.

Viele Ortschaften des Enzkreises, so auch im Stromberg und besonders im Kraichgau, waren verwüstet und regelrecht ausgeblutet. Die räuberischen Truppen aller Kriegsparteien waren nicht zurückhaltend. Was als anfänglicher Religionskampf begonnen hatte, endete als europäische Machtauseinandersetzung. Nach dem Motto „Der Krieg ernährt den Krieg“ plündern die Heere die Kriegsgebiete. Übrig geblieben waren in Schützingen 60 verödete Häuser inmitten der idyllischen Landschaft mit den bewaldeten Keuperhöhen des Strombergs, den nachfolgenden Weinbergen mit den anschließenden Obstwiesen und Wiesenauen der Metter.

Deshalb war der nachfolgende Bürgermeister Michel Schneider zusammen mit Pfarrer M. Jakob Meh sieben Jahre später sichtlich erleichtert, als der Ortschaft durch zunächst 70 Einwanderer aus Österreich wieder bevölkert wurde. Es waren4 ausgewanderte Protestanten5. Letztere hatten unter dem Druck der katholisch-jesuitischen Gegenreformation das katholisch regierte Land „Ob der Enns“ – so auch die Bezeichnung im Kirchenbuch – verlassen. Die Exulanten stammten aus dem kargen Mühlviertel (nordöstlich von Passau), besonders aus dem nördlichen Teil (Gegend um Leonfelden, Freistadt). Ein Teil6 (so die Mengenverteilung in Franken) kam aus dem Hausruckviertel (südlich von Linz, nördlich von Salzburg).

`Exulanten´ sind Verbannte, Vertriebene. Oft nannte man sie einfach die `Ländler´ und das Ländlein ob der Enns nannte hieß das ´Landl´7, heute Oberösterreich. „Exulanten sind Menschen, die in der Zeit der Gegenreformation ihre Heimat verlassen mussten, weil sie am evangelischen Bekenntnis festgehalten haben. `Exulant´ (von lateinisch exulare = außerhalb des Vaterlandes leben, in der Verbannung oder als Verbannter leben) ist seit dem 16. Jahrhundert der Fachausdruck für die zahllosen Protestanten, die aus den habsburgischen und anderen katholisch beherrschten Gebieten oder rekatholisierten Ländern verdrängt oder vertrieben worden sind.8 Zum „Landl ob der Enns“ gehören etwa folgende bekannte Naturräume: Böhmerwald, Mühlviertel, Inntal, Kalk-Hochalpen oder das Salzkammergut.

Michel Schneider und M. Jakob Meh registrierten so am 10. April 1657 die Namen der bisher 70 eingetroffenen Einwanderer mit deren Kindern. Da es keine Papiere gab, schworen die Einwanderer, dass es sich um eheliche Kinder im jeweils im Kirchenbuch genannten Alter handelte.

Vermerk im Kirchenbuch
Das Vorwort des Seelenregisters im Kirchenbuch lautet wie folgt und lässt die weitere Entwicklung von Schützingen erkennen: „Demnach, wie hiefornen gemeldet, dieser Fleckh Schützingen durch daz langwürige verderbliche Kriegswesen allerdings verödet, also daß derselbe anietzo fast mit lauter frembden Burgern, meistentheyls aber vom Ländlin ob der Enß widerumb besetzt undt erbawet worden. Damit nun inskünfftig weder sie noch ihre hergebrachte Kinder möchten gefährlich angetastet undt ihr ehrliche Geburt in Zweifel gezogen werden, als hab ich, Magister Jacob Meh, Pfarrer, in Beysein Michel Schneiders, Schultheißen, alle Burger nacheinander auff gegebene Handtrew lassen durchgehen undt anzeygen, was sie für eheliche Kinder haben hergebracht, undt nach eingenommener ehrlicher Kundtschafft sowol ihre, als ihrer Kinder Namen hierein auffgezeichnet, mit angehencktem ihrem Alter, damit auff begebenden Fall ihr Ehr gebürend möge errettet werden. Geschehen den 19ten Aprilis im Jar 1657.9

Junge Gläubige und Brautpaare wandern ein
Über 200 Jahre später im Jahr 1889 stellte der Schützinger Pfarrer Karl Heinrich Deckenberger in einer Publikation fest, dass die meisten Einwanderer erst ab 1657 kamen, der letzte nach dem Eintrag im Kirchenbuch im Jahr 1684.10 So sind nach den umfassenderen Auswertungen der Kirchenbücher durch Krauß11 zwischen 1650 und 1687 etwa 160 österreichische Immigranten, sogenannte Exulanten, zugewandert. Die Einwohnerzahl betrug im Jahr 1676 insgesamt 355 „Seelen“12, so dass etwa die Hälfte aus Österreichern bestand! Der Familienforscher Johann Oberhumer13 nimmt an, dass sich Exulanten mit ausgewanderten Landsleuten vorher in Verbindung setzten und dann ein bestimmtes Ziel ansteuerten. Ohne diese Information ist die gezielte Wanderung zu den 36 anderen badischen und württembergischen Orten kaum denkbar. Gewöhnlich zog man der Donau entlang bis Regensburg.14 Die Stadt galt als wichtige Drehscheibe für Glaubensflüchtlinge. Von dort aus gelangten die genannten etwa 160 Exulanten aus dem österreichischen Raum nach Schützingen. Davon waren nach dem Schützinger Eheregister 61 Prozent Brautleute15. Die ehelichen Kontakte sind nach dem Exulantenforscher Hans Krawarik in Regensburg entstanden. Er belegt das etwa mit dem Exulanten Simon Berger aus Peuerbach16, der dort bereits 1639, 1643 und 1644 Trauzeuge war. Simon selbst heiratete dann eine Migrantin aus seinem heimatlichen Pfarrbezirk. 1644 erhielt er den Status als Beisitzer (Hinzugezogener noch ohne volle Bürgerrechte) und ist 1649 nach Schützingen übersiedelt.17


Abb. 2: Der evangelische Theologe Samuel Urlsperger predigt 1732 vor Exulanten in Augsburg, von wo sie nach Schwaben weiterzogen. (https://www.st-anna-augsburg.de/samuel-urlsperger-und-die-salzburger-exulanten . Bild von Thomas Hegner (hegner@st-anna-augsburg.de)

Von Regensburg ging es nach Schwaben und Franken. Württemberg wurde deshalb gewählt, weil sich der württembergische Herzog Ulrich 1534 auf die protestantische Seite schlug. Nach dem „Augsburger Religionsfrieden“ von 1555 einigten sich die beiden konfessionellen Parteien, dass der Landesherr das konfessionelle Bekenntnis seiner Untertanen bestimmte. Warum die Einwanderer nicht wie viele andere Franken oder bayrisch Schwaben wählten, bleibt offen. Denkbar ist, dass die Landschaft im Stromberg mit Tälern wie der Metter sowie den bewaldeten Bergrücken nicht zuletzt auch Ähnlichkeit mit der ursprünglichen Heimat in Oberösterreich hatte und sie auch deshalb hier verblieben.

Glaubensflüchtlinge leisten Aufbauarbeit und christliche Erziehung
Während die Ländler ihren Hof aufgaben, oft nicht einmal verkaufen konnten, fanden sie hier in den Dörfern des Strombergs leerstehende Häuser vor. In Schützingen leisteten die Exulanten als Bauern und Handwerker (Drechsler, Leinenweber, Schumacher u.a.) einen wesentlichen Beitrag beim ersten Wiederaufbau des 1634 schwer durch den Dreißigjährigen Krieg in Mitleidenschaft gezogenen Dorfes.18 Ein Beispiel: Es kam im Jahr 1668 der junge Grieskirchener Ratsbürgersohn und gelernte Drechsler Abraham Bamesberg (*1632). Er heiratete 1658 in dem Stromberg-Straßendorf und eröffnete dort eine Drechslerei.19. Die Eingewanderten waren ja gerade auch junge, oft auch verheiratete Vorfahren der heutigen Angermeyer20, Aschinger, Bahmer, Berger, Gromann, Huebner, Lehner21, Katzmeyer, Kehrwecker oder etwa Schuhmacher in die neue Heimat Württemberg ein.22 Sie kamen nicht nur in das Dorf an der 24 Kilometer langen Metter, sondern ebenso nach Maulbronn, Mühlhausen/ Enz, Neuenbürg (beides als Herrensitze) und Zaisersweiher. Außerhalb des heutigen Enzkreises siedelten sich die Exulanten unter anderem in folgenden Gemeinden an: Altensteig, Backnang, Biberach, Bietigheim/Enz, Calw, Cannstatt, Denkendorf, Dettingen, Dornstadt, Durlach, Ehingen, Esslingen, Freudenstadt, Gaildorf, Giengen, Göppingen, Großbottwar, Gündelbach, Hechingen, Heidelberg, Herrenberg, Isny, Kirchheim/Teck, Leutkirch, Münchingen, Neuenbürg, Nürtingen, Reutlingen, Rheinfelden, Schorndorf, Schwäbisch Hall, Stuttgart, Tübingen, Ulm und Urach. Freudenstadt verdankt sogar seine Entstehung im Jahr 1599 ebenfalls protestantischen Glaubensflüchtlingen und zwar hauptsächlich aus Kärnten.23 Sie mussten den urwüchsigen Wald roden und die Infrastruktur der vom prunkliebenden Herzog Friedrich I. von Württemberg geplanten künstlichen Stadt erst schaffen.

Entsprechend dem Bericht über die Exulanten in Franken können wir davon ausgehen, dass sie die mit Unterholz versehenen Äcker und Wiesen rodeten und durch ihren Fleiß innerhalb kurzer Zeit betriebsfähige Höfe herstellten.24 Sie trugen so wohl auch hier zum landwirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem Stillstand des Dreißigjährigen Krieges wesentlich bei.


Abb. 3: Eines der ersten Gebäude, welche die österreichischen Einwanderer bei ihrem Eintreffen in Schützingen wohl betraten, war die wehrhafte, romanische Ulrichskirche. Sie wurde 1023 erstmals urkundlich erwähnt.25 (Foto: Fritz Link)

Neben dem wirtschaftlichen Beitrag ist auch die religiöse Seite der Einwanderer zu berücksichtigen. „Als Evangelische, die Jahrzehnte ohne Pfarrer auf sich selbst angewiesen warten, übten sie in der Familie die Hausgottesdienste und unterwiesen in Bibel- und Katechismusunterricht ihre Kinder. Das hörte nach ihrer Ankunft in evangelischen Pfarreien, die ihrer Pfarrer hatten, nicht auf. Sie waren mündige Christen, die sich ruhig und selbstverständlich in das öffentliche Leben der Kirchengemeinde einordneten, aber im häuslichen Bereich als Hausväter und Hausmütter auf die christliche Erziehung ihrer Jugend bedacht waren…Der größte Beitrag zum kirchlichen Leben der evangelischen Gemeinden war gewiss der treue, regelmäßige Besuch des Gottesdienstes und der selbstverständliche und bewusste Gang zur Beichte und heiligen Abendmahl durch die Familien der Exulanten.“26

Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die meisten echte Exulanten waren, d. h. sie sind in erster Linie wegen des Festhaltens am evangelischen Glauben ausgewandert. Das belegt auch der Schützinger Pfarrer Karl Heinrich Deckinger und spricht noch 1889 davon, dass die bunt zusammengewürfelten Evangelischen als Grundstock das „Salz“ in der Gemeinde in Schützingen waren.27

Beziehungen zwischen Oberösterreich und Württemberg
Nicht zuletzt schlagen sich auch in unserem Raum die engen Beziehungen zwischen Oberösterreich und Württemberg nieder. Schon zur Zeit der Reformation, also im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, bestanden zwischen den evangelischen Ständen des Landes ob der Enns und Württemberg enge Kontakte. Das rührte daher, dass in Oberösterreich den eigenen Landeskindern keine evangelisch-theologische Ausbildung zum Pfarrer anbieten konnte. So beriefen die Österreicher Abgänger der Universität Tübingen ins Land. Dort konnte man um 1650 etwa fünfzig studierte Theologen aus der hoch geschätzten protestantischen Tübinger Schule nachweisen. Und österreichische Kandidaten für das Predigtamt studierten wiederum in Tübingen. Nun kehrte einer der nach Oberösterreich berufene Pfarrer Samuel Übermann (vor 1570-1627) nach Württemberg zurück28, weil er infolge der Gegenreformation am 10. Oktober 1624 auf kaiserlichen Befehl als „Lärm-Prediger und Aufwiegler des gemeinen Mannes wider ihre Obrigkeit und Läster der R. Catholischen Religion“29 auswandern musste. Ein Jahr nach der Ausweisung trat er am 1. Dezember 1625 dann als siebter Inhaber die Pfarrstelle in Diefenbach an, wo er zwei Jahre später verstarb. Bereits sein Großvater Martin Übermann war 1548 Pfarrer in Ötisheim und von 1549-1577 dann in Iptingen. Dessen Sohn, ebenfalls namens Samuel I († 1595) wirkte als Hilfsgeistlicher in Vaihingen/Enz und als Pfarrer, Oberböblingen und Weissach. Und von zwei Enkeln (Gottfried und Samuel III) traten in der vierten Generation in den theologischen Beruf ein. So konsequent religiöse Werte von der nächsten Generation angenommen wurden, so haben viele Nachfahren nicht den Preis vergessen, den ihre verstoßenen Großväter wegen ihres protestantischen Glaubens einst auf sich genommen hatten.

Einwanderer in den Enzkreis-Gemeinden 30

Maulbronn (Enzkreis)
Andreas Höll (Adenbruck) (von Bernhard Bertsch, Hofmeister zu Maulbronn, gewesener Schultheiß zu Zaisersweiher, adoptierter Sohn) heiratete am 7. 2. 1665 die Schützingerin Maria Pulßhamer (Michaelnbach,, Vater Sebastian P., Beisitzer in Schützingen).


Abb. 4: Im Jahr 1648 wurde das Schloss Mühlhausen/Enz sowie der Ort an den oberösterreichischen Glaubensflüchtling Johann von Hohenfeld verkauft. (Foto: Franz Hakius)

Mühlhausen an der Enz
Bereits 1625 kamen die ersten österreichischen Glaubensflüchtlinge. Der Ort nahm nach den furchtbaren Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges etwa zwanzig31 Zuwanderer auf. Es lag vermutlich daran, dass dort Freiherr Johann von Hohenfeld (1614-1684), ein Sohn vom exulierten Ludwig von Hohenfeld (1576-1644) und Neffe vom exulierten Christoph von Hohenfeld, den Ort und das Schloss seit 1. Juli 1648 erworben hatte und die Glaubensflüchtlinge aus seiner oberösterreichischen Heimat ansiedelte. Er vergrößerte die Mühlhäuser Gemarkung durch Ankäufe deutlich. 1689 verheiratet sich Regina von Hohenfeld mit dem Freiherr von Stain, so dass mit dieser Nachkommin der Name Hohenfeld verloren ging. Christoph von Hohenfeld zu Aistersheim, Almegg, Weidenholz und Waitzenkirchen war Inhaber der Herrschaft vom oberösterreichischen Peuerbach, der diese 1617 im Zuge der Erbteilung übernommen hatte, entstammte einem alten evangelischen Adelsgeschlecht und stand zu seinem Glauben32


Abb. 5: Im Innern der Albani-Kirche findet sich unter den Grabdenkmalen früherer Besitzer des Ortes auch der Grabstein von Johann Hohenfeld, auf dem auch dessen Vertreibung aus Österreich eingemeißelt ist. (Foto: Eveline Mayer)

Schützingen
Bernhard und Wolf Angermeyer (Peuerbach-Obergrub); Georg, Maria und Matthias Aschinger (Aschen bei Waizenkirchen); Hans Aygelsberger (St. Marienkirchen/Polsenz, Kaltenbach) und Ehefrau Maria geb. Baysel; Drechsler Abraham Bamesberger; Joseph und Rosina Bahmer; Schuhmacher Thomas Baurensberger (bei Eferding); Regina Blättehhubmer (bei Alkoven); Georg, Paul und Wolff Brückhmeyer (bei Waizenkirchen); Rosine Cappelmeyer (Raum Grieskirchen); Matthias Eder (Ruitheim); Kunigunde Eder; Stephan und Wolff Eygner (Etzelsdorf, vermutlich Kapelln-Etzerdorf); Georg Freymüller (Herrschaft Wald); Hans und Maria Hackinger (oder Hattinger, Schönbergerhoff); Familie Grohmann; Mathias und Kunigunde Eder (Ruitheim); Magdalena und Martha Eyglinsrüder (Peuerbach-Adenbruck) ; Magdalena Gossel (oder Gessel, Peuerbach-Waasen); Wolf Gromman; Maria Heebort (Bachschollen); Bauer Hanns Hofinger; Sebastian Horhuber (Gallspach); Maria Huebmer (bei Hofkirchen/Trattnach); Georg Katzmeyer (Katzhoff bei Grieskirchen); Susanna Lanawer (Grumbach); Andreas Langstegner (Langenstegen); Andreas Lehner (Prambachkirchen) mit Ehefrau Susanne Pulßhammer (Michaelnbach); Hans Lehner (Raum Wartberg an der Krems); Gregor, Gregorius, Katharina und Wolf Lehner (Wätzbach); Hans Lehner (bei Wartberg an der Krems); Salomone Lehner (Raum Grieskirchen); Maria Meyer (Peuerbach); Wolf Meyer (Groisbach/Niederösterreich) Veit Moser; Barbara, David, Georg und Magdalena Oberbauer (Grieskirchen-Moosham); Hans Obermeyer (Raum Hofkirchen); Rosine Orthner (Reichenau, Unterösterreich); Simon Perger (Peuerbach); Maria und Susanna Pulshammer (Michaelnbach); Esias Pulshammer/Polshamer (Michaelsnbach) und Ehefrau Maria Hellbart (Bachschollen); Sabina Pulshammer (Michaelnbach); Sebastian und Susanne Pulshammer (Michaelnbach); Barbara Reingruber (bei Feldkirchen/Herrschaft Biberstein); Magdalena Riepelmeyer (Dietach bei Steyr); Wolf Sackleber (Kallham-Partzleithen); Stefan und Appollonia Schiffelmeyer (Eck bei Gmunden); Esajas und Stephan Schrötenhamer (oder Schrötenheimer, Raum Grieskirchen); Georg Schumacher (Kirchberg-Thening); Sebastian Söllner (Haydingen?); Leinenweber Georg Sommersberger (Pollham); Georg Stieger (Peuerbach) und Ehefrau Magdalena Stieger; Paulus Stieger (Peuerbach) und Ehefrau Apollonia Pulßhammer (Michaelnbach); Eva und Magdalena Stieger (Peuerbach-Usting); Simon und Thomas Stockbauer (Gütlein vor´m Wald); Magdalena Stritzmeyer (Raum Grieskirchen); Georg Wegmayer; Johannes Wibmer (Kallham-Güttling); Barbara und Wolf Winter (Raum Taufkirchen/Trattnach).

Zaisersweiher
Bernhard Angermeyer; Eva Steiner und Sebastian Söldner (Pichl). Die drei bekannten Namen müssen durch eine weitergehende Untersuchung der Kirchenbücher vervollständigt werden.

Literatur
Deckinger, Karl Heinrich Nathanael: Mittheilungen über die während des dreissigjährigen Krieges und nach demselben in Schützingen (OA. Maulbronn – Württemberg) eingewanderten Protestanten aus Oberösterreich nach den Kirchenbüchern von Schützingen. In: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich. 10. Jahrgang (1889), S. 146-154.

Fleischle, Hans: Ahnentafel der Familien Bahmer. Bietigheim 1988.

Huber, Konstantin: Schweizer im Kraichgau nach dem Dreißigjährigen Krieg. Ein Beitrag zur Migrations- und Minderheitengeschichte des 17./18. Jahrhunderts. In: Landesgeschichte in Forschung und Unterricht. 12. Jahrgang, S. 21-36. Stuttgart 2016.

Huber, Konstantin: Ihre romanische Abstammung können sie nicht verleugnen… 300 Jahre Waldenser im Raum Mühlacker – Maulbronn 1699-1999. In. Der Enzkreis (2007), S. 133-156.

Königlich statistisch-topographisches Bureau (Hrsg.) Beschreibung des Oberamtes Maulbronn. Stuttgart 1870. Reprint Magstadt 1974.

Krauß, Eberhard: Vertreibung, Flucht, Migration: Exulanten aus Peuerbach in Franken, Schwaben und anderswo. In: Oberösterreichische Heimatblätter. Hrsg. Oberösterreichische Landeskulturdirektion (2006), Heft 3 / 4, S. 123-138, Linz.

Krauß, Eberhard: Österreichische Exulanten in Franken und Schwaben am Beispiel Schützingen. In: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus Österreich (2001). Ausgabe 2000-2001, S. 132-162, Leipzig.

Krawarik, Hans: Exul Austriacus. Konfessionelle Migrationen aus Österreich in der Frühen Neuzeit. Wien 2010.

Kuhr, Georg (1987): Österreichische Exulanten. Gründe der Auswanderung, Orte der Zuwanderung und Bedeutung für Franken nach dem Dreißigjährigen Krieg. Frankenland, franconia (1987), S. 161-180.

Obernhumer, Johann: Hans Bernrather (Bernreuther). In: Oberösterreichische Heimatblätter. Hrsg. Institut für Landeskunde von Oberösterreich, (1964), Heft 1/2, S. 77-82.

Rusam, Georg: Österreichische Exulanten in Franken und Schwaben. Verein für Bayerische Kirchengeschichte. Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns (1989), Bd. 63, Neustadt an der Aisch.

Sakrausky, Oskar: Die Gründung Freudenstadts durch Kärntner Exulanten. In: Carinthia (1981) 171, S. 205-225. Klagenfurt.

Vodosek, Peter: Samuel Übermann. Ein Beitrag zur Geschichte der Beziehungen zwischen Oberösterreich und Württemberg im Zeitalter von Reformation und Gegenreformation. In: Österreich in Geschichte und Literatur 21 (1977), S. 294-303.

Zinnhobler, Rudolf: Oberösterreich zwischen Reformation (1521) und Revolution (1848). Erträge kirchengeschichtlicher Forschung seit 1932. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereins 128/1 (1983), S. 109-145.


1 Kirchenbuch Schützingen: Mischbuch 1650-1801, Bad 2, Vorwort. Transkribiert von Pfarrer Deckinger 1889, S. 146 und im Königlich statistisch-topographisches Bureau: Beschreibung des Oberamtes Maulbronn. 1870 S. 284

2 Krauß, 2001, S. 132-162.

3 Deckinger, S. 146.

4 Königlich statistisch-topographisches Bureau 1870: Beschreibung des Oberamtes Maulbronn. S. 284.

5 Die Beschreibung des Oberamts Maulbronn spricht von Soldaten aus Niederösterreich und belegt es mit dem im Ortslagerbuch (1634) genannten Soldaten Thomas Bendel. Pfarrer Deckinger widerlegt die Aussage mit Blick auf das Alter der Eingewanderten in seiner Publikation 1889, S. 150. Möglicherweise haben beide auch unterschiedliche Zeiträume im Auge.

6 Zinnhobler, S. 122.

7 <http://wiki-de.genealogy.net/L%C3%A4ndlein_ob_der_Enns> (Zugriff 01.09.2023)

8 <https://www.gf-franken.de/de/exulantenforschung.html> (Zugriff 01.09.2023)

9 Kirchenbuch Schützingen, Mischbuch 1650-1714, Bild 287. <https://www.archion.de/de/viewer/?no_cache=1&type=churchRegister&uid=85935> (Zugriff: 01.09.2023).

10 Deckinger, S. 150. Angesicht der fehlenden Daten über die Zuwanderung vor 1650 ist diese Feststellung gewagt.

11 Krauß, S. 143. Er hat die Kirchenbücher weitergehend als Deckinger durchforscht und kommt auf mehr als die doppelte Anzahl an Exulanten.

12 Visitationsakten, Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 281, Bü. 914, 915.

13 Obernhumer, S. 79.

14 Ebd., S. 79.

15 Krauß, S. 143.

16 Weitere Details zu diesen Exulanten im Anhang.

17 Krawarik, S. 168.

18 Ebd,, S. 168

19 Ebd., 2010, S. 170.

20 Name weist auf Gutsverwalter hin.

21 Name weit auf die Leihe eines Guts hin.

22 Pfarrer Karl Heinrich Deckinger hat die 70 Namen 1889, S. 147-154 zusammengestellt. Nur einige enthalten wie auch im Totenregister das Herkunftsland ob der Enns. Jedoch enthält das seit 1649 geführte Eheregister auch die genaue Ortsangabe.

23 Sakrausky, 1981.

24 Kuhr, 180.

25 Findbuch Gemeindearchiv Illingen, Bestand Gemeinde Schützingen 2010, S. 18.

26 Kuhr, S. 180.

27 Deckinger, S. 151. In seiner Veröffentlichung bei der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich tritt der Autor als „Pfarrer Deckinger“ auf. Es handelt sich offenbar um Karl Heinrich Nathanael Deckinger (1853-1910). Er war von 1879-1892 Pfarrer in Schützingen. Er veröffentlichte in dieser Zeit (1889) die von ihm ausgewerteten Daten über die protestantischen Exulanten aus dem Kirchenbuch Schützingen und machte so erstmals einem breiten Publikum die Bedeutung der österreichischen Einwanderer für die Entwicklung der Mettertalgemeinde deutlich. <https://www.wkgo.de/personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB14079> (Zugriff 01.09.2023).

28 Vodosek, S. 299.

29 Allgemeine Kirchenakten (Generalia) A 26, Bund 1088, Quadrangel46, f. 1. Es handelt sich um die kaiserlichen Mandate vom 30. August und vom 4. Oktober 1624, kraft derer alle protestantischen Prediger das Land innerhalb von acht Tagen zu verlassen hatten (Vodosek 1977, S. 297 und 302, Anmerkung 24).

30 Unvollständige Übersicht, da vor allem die aus Peuerbach sowie dem Raum Grieskirch (Oberösterreich) stammenden Einwanderer – und bei Schützingen vor allem die bis 1657 eingetroffenen – erfasst sind. Aus Platzgründen sind dabei nur die Auswertungen von Deckinger, nicht die umfassenderen von Krauß berücksichtigt.

31 Vermutete ungefähre Anzahl nach Konstantin Huber, vorbehaltlich einer genauen Sichtung der Kirchenbücher.

32 Krauß, 2006, S. 124.