Loading...

Vogt zu Maulbronn an Herzog von Württemberg 1624

Der Maulbronner1 Untervogt Johann Eberhardt Herbst2 berichtet Herzog Johann Friedrich von Württemberg3 vom kritischen Zustand des als Schanze ausgehobenen Landgrabens im Amt Maulbronn infolge von Versäumnissen bei dessen Bau sowie von inzwischen erfolgten Bodenerosionen nach Unwettern. Er bittet für die geplanten Ausbesserungsmaßnahmen um finanzielle Hilfen durch andere württembergische Verwaltungsbezirke.

Maulbronn, 18./28. August 1624 (Ausfertigung)

Durchleüchtiger hochgebohrner gnediger Fürst unnd
Herr, Euer Fürstliche Gnaden seien meine underthenige ge-
horsame unnd pflichtschuldige Dienst eüßersten
Vermögens bevoran.

Gnediger Fürst und Herr. Allß jüngsthin Euer Fürstliche
Gnaden wohlbestellter Obrister Leüttenambt4 Jost
Faber5 zue Brackhenheim6 etliche Euer Fürstliche Gnaden Be-
ambte zuesamen vertagt unnd auß deroselben
gnädig Anbefehlen mit denselbigen wegen Continu-
irung7 wie auch Reparirung unnd Erhalltung deß
gemachten Landtgrabens guthig tractirt8,
ist mihr anbefohlen worden, fürderlichen underthönig zue berichten,
wievihl der im Ambt Maulbron gemachte
Landtgrab in sich hallte, waß daran eingefallen,
ob meine Ambtsangehörige selbige für dißmahl
repariren und inskünfftig gegen einer Re-
compens9 erhallten wöllen.

Sovihl nuhn erstlich die Längin deß Landtgrabens
belangen thuet, befindt sich von dem Frewden-
steiner10 Brücklin, welches meiner anbevohlenen
Ambtung an, biß auff die Frioltzheimer11 Ge-
marckhung, allso durch daß gantze Ambt, 6.487
Ruethen12. Waß unnd wievihl daran
eingefallen, hatt es damit die Beschaffenheit,
daß der Boden, so an gedachtem Landtgraben außge-
worffen, seidthero ererst sich gesetzt, allßo daß, da er
ordenlich gemeßen, ewan mehrertheils Orten weder
sein Höhin, Weitten noch Dieffen mehr haben würdt. Sonder-
lich aber befindt es sich, daß er an Waßerfällen allßo
erfloßen, daß man an ettlich Ortten darüber
reütten oder fahren kan. Neben dem, so gibts der Augen-
schein, daß er von etlichen Ambtern, sonderlich in steini-
gen, harten unnd felßigen Orten, nie recht außgemacht,
sonder zue baldt verlaßen worden, daß allßo daß ge-
meine Ambt schier mehr ab Reparirung dan Er-
halltung solchen Landtgrabens sich beschwehren thutt.
Zu dem so seindt ettliche Fleckhen im Ambt ererst bei
3 Wochen durch schwehre Wetter unnd Wolckhenbrüech
an ihren Güettern allßo verderbt, da ihnen nit allein
die Wißen mit Steingerigell unnd solchen großen
Steinen, daß wohl an einem Stuckh ettlich Roß zue
ziehen, zerflötz unnd an ettlichen Ortten Grundt
unnd Boden auff dem Ackherfeldt gar hinwegge-
nohmen, daß selbige in vihl Jahren nit mehr
zu Recht gebracht werden könden.

Dieweill es dan mit dißem Landtgraben in eingenohme-
nem Augenschein ein andere Beschaffenheit, daß
selbige nit nuhr, wie ich darfür gehallten, hin und
wider eingefallen, sondern eben vihl, biß er zu
Recht gebracht, erfordern und es dißem Ambt
gar zue schweher fallen wurde. Sie wollten dan ihre
Feldtgüetter, darauß sie Euer Fürstliche Gnaden jehrlich
für Hagell unnd Windt, ohne den Zehendten13 1 Teil uber
5.000 unnd nahendt 6.000 Scheffell14 Frucht geben
und reichen müßen, abgehen unnd ohngebaut ligen
laßen, solchen Graben ohne der benachbarten Ämbter
Hüllff zu repariren. Es ist aber daß ge-
meine Ambt deß underthenigen Erbietens, wan
solcher Grab mit ettlicher benachbarter Stätt
Ambtern Hüllff einmahl, wie sichs gebührt, recht
ußerm Grundt in sein Stätt gefiert, daß sie allß-
dan gegen vertröster Recompens, waß dißem
Ambt zue seinem Theill zuegemuthet und ertrag-
lich, ihre eüßerste Mügligkeit zue leisten unnd
zu erweißen, inmaßen deß gemeinen Ambts
schrifftliche Erclerung mit sich bringt.

Welches alles Euer Fürstlichen Gnaden ich in Underthenigkeit
berichten unnd zue beharrlichen Gnaden, gehorsam-
lich mich befehlen sollen. Datum Maulbronn,
den 18. Augusti anno 1624.

Euer Fürstliche Gnaden
undertheniger
gehorsamer
verpflichter
Vogt alda
Johann Eberhardt Herbst


1 Stadt Maulbronn PF.

2 Herbst, Johann Eberhard, gest. 1635, (Unter-)Vogt zu Maulbronn 1609–1635 (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 2605).

3 Württemberg, Johann Friedrich Herzog von Johann Friedrich (Württemberg) – Wikipedia (TT.MM.JJJJ).

4 Bedeutung: „Obrister Leüttenambt“ = Oberstleutnant.

5 Faber, Jost, 1622–1628 Obristleutnant, 1628–1633 Obervogt zu Neuenbürg (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 1, Stuttgart 1957, § 1606; Band 2, Stuttgart 1963, § 2654); vgl. auch: Die Württembergische Landesdefension. Die Offiziere (schwedenlager-bopfingen.de) (TT.MM.JJJJ).

6 Stadt Brackenheim HN.

7 Fortführung.

8 Bedeutung: „guthig tractirt“ = gütlich verhandelt.

9 Entschädigung.

10 Freudenstein, Stadt Knittlingen PF.

11 Friolzheim PF.

12 Längenmaß.

13 Bedeutung: „der Zehendte = der „Zehnte“ (Steuerabgabe, zehn Prozent des Ertrages).

14 Hohlmaß, das zur Messung von Schüttgütern benutzt wurde und deshalb auch Getreidemaß genannt wurde.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 248 Bü 2545
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.