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Rentamtsprotokoll für die Kellerei Weingarten 1629

In seinem Rentamtsprotokoll1 berichtet der kurpfälzische Rentmeister zu Heidelberg2 Hans Sigmund Puecher3 nach seinem Umritt4 in den vier unterpfälzischen5 Ämtern Boxberg6, Bretten7, Heidelberg und Mosbach8 über die administrativen und kirchlichen Verhältnisse in der zum Amt Bretten („Prettheim“) gehörigen Kellerei9 Weingarten10. Er informiert u. a. darüber, dass das Gefängnis abgebrannt sei und mit möglichst geringen Kosten wiederaufgebaut werden solle − ferner, dass für die Verpflegung der Gefangenen die herrschaftliche Obrigkeit zuständig sei. Des Weiteren geht es auch um die Rechtsansprüche unehelicher Kinder, das Zollwesen, die Grundsteuern für Ackerland, die Erbhöfe, zu hohe Spesenrechnungen und insbesondere um Abrechnungen ohne Belege; diese sollen künftig in doppelter Ausfertigung vorgelegt werden (mit einer Kopie für den Kellereiverwalter). In Bezug auf die Landes- bzw. Grenzverteidigung wird vermerkt, dass die Landmiliz aufgelöst worden sei, woran sich die Empfehlung anschließt, diese unter dem Befehl eines Leutnants wieder neu aufstellen zu lassen.

Ohne Ort, August/September 1629

Kellerey Weingarten,
im Ambt Bretten gelegen

Montags, den 3ten September, ist man nach-
mitags umb 1 Uhr zu Weingarten angelangt unnd
daselbsten gleichergestalt dem Keller Johann Diemern11
über die hievorn folium12 1 inserirte Puncten13 befragt,
welcher wie volgt darauf respondirt14.

Ad 1m15. Diser Punct würdt meistentheils im Besoldungs-
libel16 beantwortet. Unnd hat der Hünnerfauth17, wie
der zu Prettheim, von jedem gethaidtigten18 Leibsfall19
neben seiner bestendigen Besoldung auch den vierten
Pfenning.

Ad 2m20. An disem Orth ist kein recht Gefengnuß vorhanden,
weil der alte Thurn bey dem Rathauß, darin man
zuvorn die mistädtigen21 Personen gesezt, ganz abge-
brandt unnd ohngedeckht stehet. Jedoch ist befohlen,
uneingestelt22 Vorschlag zu thuen, waß Orth an dem
füglichstem, auch geringstem Costen wider ein Gefeng-
nuß zu erbauen sein möchte.

Die Abspeisung23 der Gefangenen muß die Herrschafft
laisten unnd tragen, unnd berichtet Keller hiebey,
daß vor Kurzem etliche alda eingezogen, auch justi-
ficirt24 worden, so ihren Costen selbsten tragen müßen25. War-
bey aber ihme Kellern befohlen worden, künfftig, wann
dergleichen Casus26 sich zutragen solte, sich zuvorderst jedes-
mahls bey der churfürstlichen Regierung der Abspeisung halber
anzumelden.

Ad 3m27. Seint schuldig in allem unnd wozu man ihrer be-
dürfftig zu fröhnen.28 Dargegen gibt man ihnen, nach-
dem die Frohn weith oder nahent29, etwaß an Gelt.
Inmaßen solches, daß vorhandene Saal- oder Legerbuch30
mehrers ausweißt.

Ad 4m. Der Abzug31 gehört der Herrschafft allein. An dem Einzug-
gelt32 aber, so 9 [Gulden], hat33 die Gemaint oder daz Gericht ein
Königsthaller.

Ad 5m. Habe 16 Wäldt, wie solche in dem Saalbuch benant und
specificirt34. Gränzen an Herren Bischoffen von Speyer35, Marg-
grafen von Duhrlach36 unnd etliche vom Adel, so allenthalben ver-
staint37 unnd mit niemandt strittig. Stehen aber der Gemeint
allein zu. Inmaßen sie auch daz Äggrig-Gelt38 darauß für sich
allein erheben. Jedoch hat die Herrschafft (welches anjezo Herr
Statthalter crafft churfürstlichem gnedigstem Befelch gemeß) daß
hoch unnd kleine Jagen39 darin, behölzen40 sich auch die Herrschaffts-
diener darauß.

Ad 6m. Hat allein ein kleins Bächlein, der Walzenpach41 genant.
Laufft durch den Fleckhen unnd hat ganz kein Fisch darin.

Ad 7m. Hat 6 Erbhöff alda sambt 10 Morgen Weingarten, so in
guetem esse42. Unnd haben die Besizere Erbrecht darauf.
Gleichergestalt hat es auch 6 Thailhöff alda. Darauß
jährlichs daz dritte Theil gefelt43. Unnd seint zimblicher-
maßen wohlgebaut. Ist Kellern44 befohlen worden, von den
Bestendern sambtlich die Bestandt- oder Erbrechtbrief
zu erfordern unnd Copias45 davon zum Rentambt zu über-
schickhen, damit gesehen werde, ob ihr ius noch saluum46.

Ad 8m. Seint keine öedtligende Güeter vorhanden.

Ad 9m. Zu Weingarten unnd Staffurth47 hat die Herrschafft an allem
Zehenten den dritten Theil und den Novalzehenden48 allein.

Ad 10m. Hat ein Mühl alda, so Erbrecht, unnd gibt jährlichs 15 Malter
Korn unnd 15 Malter Spelzenkhern49 zu Pfacht.

Ad 11m. Hat kein Meelwag50 alda, sondern mahlt ihme ein jeder
selbst.

Ad 12m. Diß Orts hat es drey Zollstätt, nemblich zu Wein-
garten, Staffurth unnd Crombach51, so ordenlich mit
Zöllern, Zollbüchßen unnd Rollen versehen. Werden deß
Jahrs viermahl zu Brettheim beym Oberambt ufge-
schloßen52.

13.53 Daz Weinumbgelt54 würdt
durch daz Gericht ordentlich
beschriben und erhoben. Daran
dasselbe den 4. Theil. Ist aber
Kellern befohlen worden, selbsten
auch jedesmahls darbey
zu sein und gute Ufsicht
zu haben.

Ad 14m. Weeg und Steg werden durch die Gemeindt so weit
sich ihre Gemarckhung erstreckht unnd derzeit in gutem
esse erhalten.

Ad 15m. Die Kellerey wie auch beede Kelterheüser sambt dem
Hundthauß55 seint im Krigswesen ganz abgebrant worden
unnd derzeit noch ungebaut. Derohalben Bauschreiber
negsten Tags uf den Augenschein geschickht56 unnd Überschlag
darüber verfertigt, nachgehents auch nacher München57 über-
schickht worden.

Ad 16m. Mit den Bastartsfällen58 würdt es wie im Ambt Prett-
heim gehalten.

Ad 17m. Weiß ganz nichts von Bergwerckhen.

Ad 18m. Ist kein Salpetersider59 vorhanden. Soll aber mit negstem,
wo es nit der zu Prettheim zugleich verrichten kan,
uf ein andern gedacht werden60.

Ad 19m. Diß Orts hat es keinen Salzhandel, sondern handlen etliche
Bürger ainzig scheibenweiß61 damit.

Ad 20m. Hat ein Schöfferey62 alda, so der Herrschafft zustendig, welche
ein Schöffer bestanden unnd jährlichs 100 [Gulden] darauß gibt.
Weil aber der Bestandt bereits auß, soll Keller mit ihme
Schöffern63 weiters unnd uf Ratification64 handlen unnd zum
Rentambt berichten.

Ad 21m. Ist ein Saalbuch vorhanden, so dem Rath zustendig. Der-
entwegen Kellern befohlen worden, dasselbe abzuschreiben,
bey der Kellerey zu behalten unnd dann gleichlautendte
Abschrifft zum Rentambt ebenmeßig65 einschickhen.

  1. Kein Herrschafftsvahrnuß66, außer waß an Vaßen67 im Keller,
    ist vorhanden. Dann wie vor verstanden, die Kellerey ganz
    abgeprandt worden.
  2. Frevellthaidigung68 ist nach Sag deß Registers gehalten und
    treffen dieselben 27 [Gulden]. Sonst ist auch die Schazungs-
    belaag69 den Unnderthannen vorgelesen worden. Daran sich
    niemandts beschwerdt.
  3. Hat keine Beschwernuß oder Ambtssachen vorzubringen ge-
    habt.
  4. Ist alles besichtigt unnd haben sich Wein unnd Früchten dem
    Extract70 gemeß befunden. Allein ist kein herrschaftlicher
    Speicher vorhanden, sondern müßen die Früchten hin und wider
    mit der Herrschafft Schaden71 in den Burgersheüsern umb
    Zinß ufgeschütt werden. Soll aber uf Mitl gedacht72 werden,
    wie einer mit geringem Costen zu bauen. Inmaßen dann
    Bauschreiber Überschlag verfertigen solle.
  5. Kein andere Registratur ist vorhanden, alß waß yeziger
    Keller erst anfahen ufzurichten73. Dahero ihme befohlen
    worden, alles in gute Ordnung zu bringen. Maßen74 auch
    die Protocolla ersehen unnd zimblich75 richtig befunden worden.
  6. Ist beschehen unnd wie nachfolgendt zu sehen protocollirt
    worden.
  7. Die Vormundtschafft-Rechnungen steckhen noch ohnaußge-
    fertigt beym alten Gerichtschreiber. Ist aber befohlen worden,
    selbige alsobaldt außzufertigen. Dem Herkhomen ge-
    meß in Beysein deß Kellers unnd Gerichts abzuhoren76
    unnd die befindtliche Mengel zu verbeßern.

Jurisdictionalia77

Ad 1m. Bißhero seint kein ordentliche Verhörtäg78 gehalten worden,
ist aber befohlen, nunmehr gleich anderer Ortten inß
Werckh zu richten.

  1. Hat sich noch nie dergleichen Casus zugetragen. Es will
    aber Keller, so sich einer begibt, es alsobaldten berichten
    unnd umb Verhaltens-Befelch anfragen.
  2. Hat zwar vor disem ein Außschuß79 gehabt, weil aber die Under-
    thannen disarmirt80, abgangen. Felt auch bedenckhlich vor, an
    disem Gränzorth einen neüen aufzurichten. Doch wan ein
    Leütenambt81 oder Haubtamptsverwalter aufgestelt, deme
    die Obsicht über die Gewehr82 unnd Exercitium83 anbefohlen
    wurde, kunde es auch ad Effectum84 komen.Geistliche
  1. Ein Pfarrer hat es diß Orts, so von dem Teutschen Orden85
    besoldet würdt; außer 6 [Gulden], so ihme die Collectur86 Brett-
    heim gibt. Soll sich Kellers unnd Gemeint Bericht nach
    wol unnd eingezogen87
  2. Hat ein Schulmeister, so auch der Teütsch Orden besoldet.
    Helt sich also, daz die Burgerschafft mit ihme zufriden.
  3. Hat kein Spittal oder geistliche Stifftungen diß Orths.

Nota88

Die Frevell seindt abgestrafft89 worden unnd haben sich
höcher nit alß uf 27 [Gulden] beloffen. Doch seint die leibaigene
Todtfäll90, weil theils auß Verbott ihrer Herrschaft, theils
wegen Ferne deß Wegs nit erschinen, ohngethaidtigt91 blieben.
Ist aber Kellern befohlen worden, dieselbe nachmahls zu
citiren unnd uf Ratification mit ihnen zu thaidtigen92.
Gestalt93 er dann auch künfftig jedesmahls die geringe
Hendel abstraffen unnd beym Umbriedt94 daß Straff-
register vorlegen. Die vornemere Hendel95 aber, nach Aus-
weiß bayrischen Landtrechtens96, davon ihme Abschrifft
erthailt, biß zu ersagtem Umbriedt verschieben solle.

Burgermeister-Rechnung zu Weingarten
abgehört, so sich folgender Gestalt
befunden.

Rechnung de anno
1621

Einnamb  8.033 [Gulden] 7 [Kreuzer]
Außgab 10.165 [Gulden] 5 Bazen 6 [Pfennig]

 

Recess, so mehr außgeben
alß ingenohmen worden

  2.132 [Gulden] 4 Bazen 13 [Pfennig]

 

Rechnung 1622

Empfang 6.120 [Gulden] 3 Bazen 2½ [Pfennig]
Außgab 8.972 [Gulden] 3 Bazen 8½ [Pfennig]
Mehr außgeben 2.852 [Gulden] –– Bazen 6 [Pfennig]

 

Rechnung 1623

Empfang 29.465 [Gulden] 12 Bazen 7½ [Pfennig]
Außgab 38.853 [Gulden] 12 Bazen 15 [Pfennig]
Mehr außgeben  9.388 [Gulden] –– Bazen 7½ [Pfennig]

 

Rechnung 1624

Einnamb 1.512 [Gulden] 1 Bazen 14½ [Pfennig]
Außgab 12.816 [Gulden] –– Bazen 10 [Pfennig]
Mehr außgeben 11.303 [Gulden] 13 Bazen 11½ [Pfennig]

 

Rechnung 1625

Einnamb 4.408 [Gulden] –– Bazen 2½ [Pfennig]
Außgab 14.610 [Gulden] 8 Bazen 12½ [Pfennig]
Mehr außgeben 10.202 [Gulden] 8 Bazen 10 [Pfennig]

 

Rechnung 1626 et 1627,
so in einem corpore97 beysamen

Einnamb  4.290 [Gulden] 11 Bazen 1 [Pfennig]
Außgab  19.628 [Gulden] 4 Bazen 4 [Pfennig]
Mehr außgeben 15.337 [Gulden] 8 Bazen 3 [Pfennig]

Rechnung 1628

Einnamb       3.226 [Gulden] 9 Bazen 9 [Pfennig]
Außgab 19.619 [Gulden] 13 Bazen 8½ [Pfennig]
Mehr außgeben 16.393 [Gulden] 3 Bazen 15½ [Pfennig]
Wein-Rechnung 1628  
Einnamb 41 Fuder 6 Ohm 11/4 4 Maß
Außgab 35 Fuder 1 Ohm 2/4 1 Maß
Rest 6 Fuder 5 Ohm 9/4 3 Maß

 

Verbescheidung über dise abgehörte
Rechnungen

  1. Fürß erst sollen die Burgermeister inskünfftig daz Wein-
    umbgelt, wievil deßen daß Jahr durch gefallen, mit
    Kellers unnderschriebener Urkhundt verificiren98.
  2. Weil auch in disem Jahr etliche Capitalia99, so hiebevor zu
    niderer Wehrung außgeliehen, in hocher Wehrung abgelegt
    worden, alß soll der Rath die Caesion100 bey jedem absonder-
    lich101 suchen unnd künfftig wider zur Einnamb pringen.
  3. Alß auch bißhero uber die Außgaben keine Schein oder Urkunden
    beygelegt worden, ist befohlen, fürtershin nicht mehr ohne
    Schein in Rechnung paßiren102 zu laßen.
  4. Künfftig sollen die Maaß unnd Gewicht nit mehr uf den
    Charfreytag mit Haltung eines Imbiß, sondern uf einen
    andern gelegenen Tag rectificirt103
  5. Demnach der Rath, hiebevor der Herrschafft daz alte
    Schloß unnd selbe Guetter pro 520 [Gulden] abkaufft unnd
    noch verzinset, in anno 1623 aber neben etlichen aigen-
    thumblichen Äggern pro 1.100 [Gulden] schlecht Gelt widerumben ver-
    kaufft, alß ist ihnen befohlen worden, die Caesion, zum fall
    sich die Keüffere104 in der Güet darzu nit accomodiren105 wolten,
    bey der churfürstlichen Regierung zu clagen unnd zu suchen unnd
    Bescheidts darüber zu erwarten.
  6. Weil bißhero uf der Burger-Aggerich, Schweinhütterlohn, Zehr-
    ung unnd anders ein zimblichs in Außgab, entgegen aber nichts
    zur Einnamb komen, alß soll fürohin daz gewönlich Äggerig-
    gelt106 der Gebür eingefordert unnd zur Einnamb pracht werden.
  7. Ebenermaßen soll es auch mit dem Costen, so bey Abgebung
    deß Holzes uf die Burgerschafft ufgehet, gehalten werden.
  8. Künfftig soll kein Außgab mehr, wie bishero beschehen, die nit würckhlich auß-
    geben worden, in Rechnung gesezt, sondern allein p. notam107
    durchgeführt werden.
  9. Gleichergestalt sollen auch kein so starckhe Baucösten und
    extraordinari108 Außgaben mehr ohne herrschafftlichen Be-
    felch fürgenohmen werden.
  10. Dieweil etliche Rechnungen nur einfach vorhanden, allß sollen
    dieselbe sambtlich, unnd zwar fürtersamb109 in duplo110 auß-
    gefertigt unnd ein Exemplar davon dem Keller, wie bre-
    üchlich111, uberliffert werden.
  11. Nachdem sich auch befunden, daß ein zimblicher Uberfluß
    an Zehrungen112 ufgangen, alß ist befohlen worden, fürbaß
    etwaß eingezogener darmit zu verfahren und nit eben
    bey jeder schlechten unnd geringen Verrichtung ein sonder-
    bare Zehrung anzustellen, sondern etliche Verrichtung
    zusamen zu zihen unnd dan waß gesparsamer113
    zu verfahren.
  12. Demnach auß der leztern 1628 Jahrs-Rechnung
    erscheint, daß umb 16.393 [Gulden] 3 Bazen 15½ [Pfennig] mehr
    außgeben, alß eingenomen worden, so dahero rürt,
    daß die Burgermeister von anno 1622 bißhero vil
    unnderschiedtliche Posten zur Außgab pracht, die noch
    nit bezahlt unnd nunmehr alles uf einer ordenlichen
    unnd begründten Liquidation114, wie es aigentlich darinn
    beschaffen, beruhet. Alß ist dem Rath alles Ernsts befohlen
    worden, ein dergleichen richtige Liquidation, Vergleich und
    Abrechnung negsten Tags zu begreiffen115 unnd künfftiger
    ihrer 1629 Jahrs-Rechnung beyzubinden, damit man dar-
    auß ersehen könne, wie eins unnd anders im Grundt be-
  13. Weil sich auß den Rechnungen befindet, daß dises Fleckh-
    ens gemeine Schuldten sich uf 39.550 [Gulden] belauffen, alß
    soll der Rath ein ordentliche Verzeichnuß, woher die-

selbe rühren, zu waß Zeit unnd in welchem Jahr, auch
von weme solche entlehnt unnd wohin wider verwendet
worden, begreiffen, bey der churfürstlichen Regierung eingeben
unnd weßen sie sich mit Abstattung deren auch Redu-
cirung der hochen Gelter zu verhalten, umb Resolution
anmahnen, interim116 aber mit Abzahlung inhalten.

Nota

Nach abgehörten Rechnungen ist der gesambte Rath
erfordert unnd befragt worden, ob sie etwaß weiters
bey solchen Rechnungen zu erindern117 wüsten oder sonsten Be-
schwernußen vorzubringen hetten, solches anzuzaigen.

Darauf sie dann zu erkhennen geben, wüsten zwar für dißmahl
nichts zu erinnern, wolten aber daran sein, damit obgemelte
Liquidation negsten Tags ufgesezt würde, darauß sich wol
finden werde, wo ein oder ander Fehler steckhe.

Ferners seint sie auch befragt worden, wie sich Keller gegen
ihnen unnd gesambter Gemeindt in seinen Verrichtungen ver-
halte unnd waß für Beschwerdten sie gegen ihne vorzupringen.
Warauf sie geandtwort, wüsten derzeit wider ihne Kellern
nichts sonders anzuzaigen, sondern seyen nunmehr, weil er
uf hievoriges Clagen sich beßer accomodire118, auch mit denn
Jagen, welches zwar in deß Statthalters Namen, unnd deßen
Befelch sie nit so hart mehr beschwere, zufriden.

Thäten sich auch gegen der churfürstlichen Durchlaucht in Bayrn etcetera, ihrem
genedigsten Herren, wegen nachgelassenen Servicegelts119 im
Nahmen ganzer Gemaindt ganz unnderthänigst bedanckhen,
unnd erbotten sich zu allem schuldigstem Gehorsamb.

Sonsten ist Jacob Doll120, so albereith121 zuvor zum Gericht- oder
Gemainschreiber praesentirt gewesen122, an heüt123 in die gewöhn-
liche Pflicht genomen, unnd darbeneben dem alten Ge-
richtschreiber anbefohlen worden, daß er alle unnd jede zur
Gerichtschreiberey gehörige Acta124 unnd schrifftliche Documenta125
mit negstem126 überlifern solle. Darzu er sich dan erbotten
unnd versprochen, seinem Successori127 mit Schreiben weiters kein
Eintrag zu than128.

Leztlich seint die gesambte Staffurter Unnderthannen, so
sonsten marggräffisch, altem Herkhomen nach erschienen,
denen wie gebreüchig der jenige Vertrag, die Mitniesung129
der Weingärter Wäldt betreffend, fürgelesen. Die neüangehende130
Bürger darauf in gewöhnliche Pflicht, die alte aber in neüe
Handtreü131 genohmen worden.


1 Rentamt ist seit dem Spätmittelalter die Bezeichnung für die Behörde der landesherrlichen oder kirchlichen Finanzverwaltung unter der Leitung eines Rentmeisters oder Rentamtmanns.

2 Stadt Heidelberg HD.

3 Puecher, Hans Sigmund, 1628–1632 Rentmeister der von Bayern besetzten unteren Pfalz in Heidelberg (Maier, Franz: Die bayerische Unterpfalz im Dreißigjährigen Krieg. Besetzung, Verwaltung und Rekatholisierung der rechtsrheinischen Pfalz durch Bayern 1621 bis 1649, Frankfurt/M. u.a. 1990, S. 586).

4 Umritt bezeichnet ursprünglich die Inbesitznahme eines Gebietes durch Umreitung, womit die Reise eines neuen Herrschaftsinhabers durch alle oder zumindest die meisten Reichsteile gemeint ist (zwecks Huldigung des Landesfürsten).

5 Die Unterpfalz, im 17. Jahrhundert Bezeichnung für die rheinischen Gebiete des damaligen Kurfürstentums Pfalz (Kurpfalz), als Unterscheidung zur Oberpfalz in Bayern. Die damalige Unterpfalz umfasste etwa die geografische Pfalz, Rheinhessen und Nordbaden, mit den Residenzen in Heidelberg, Mannheim und Schwetzingen. Im Dreißigjährigen Krieg stand der rechtsrheinische Teil der Unterpfalz unter bayerischer, der linksrheinische Teil unter spanischer Besatzung und Verwaltung.

6 Stadt Boxberg TBB.

7 Stadt Bretten KA.

8 Stadt Mosbach MOS.

9  Kellerei = Bezeichnung für das einem Keller (Kellermeister, -verwalter), verantwortlich zur Eintreibung der Geld- und Naturalabgaben an den Lehns- bzw. Grundherrn, zugewiesene Gebiet.

10 Stadt Weingarten KA.

11 Diemer, Johann; Keller zu Weingarten.

12 Lat. = Blatt.

13 Übersetzung: „die hievorn folium 1 inserirte Puncten“ = die auf dem voranstehenden Blatt 1 verzeichneten Punkte.

14 Lat. = geantwortet, Rechenschaft abgelegt.

15 Ad primum (lat. = zum Ersten; Beginn einer Aufzählung).

16 Bedeutung: „Besoldungslibel“ = = Besoldungsbüchlein, Besoldungsverzeichnis.

17 Bedeutung: „Hünnerfauth“ = Hühnervogt; Beamter, der den Hühnerzins einnimmt und auch ein Register über hörige Leute führt.

18 Bedeutung: „gethaidigt“ = getätigt, durchgeführt, vollzogen.

19 Bedeutung: „Leibsfall“ = Begräbnis, Todfallabgabe (= dem Grund- oder Leibherrn beim Tod eines Leibeigenen abzuliefernde Abgabe).

20 Ad secundum (lat. = zum Zweiten; Weiterführung der Aufzählung).

21 Bedeutung: „mistädtig“ = straffällig geworden (misstätig).

22 Bedeutung: „uneingestelt“ = unverzüglich.

23 Bedeutung: „Abspeisung“ = Verpflegung, Versorgung.

24 Bedeutung: „eingezogen und justificirt“ = in Gewahrsam genommen und verurteilt.

25 Übersetzung: „so ihren Costen selbsten tragen müßen“ = die ihre Gefängniskosten selber bezahlen müssten.

26 Lat. = Fall, Fälle.

27 Ad tertium (lat. = zum Dritten; usf.).

28 Übersetzung: Sind in vollem Umfang und wo auch immer nötig zu Frondienstleistungen verpflichtet.

29 Bedeutung: „weith oder nahent“ = zurückliegend oder bevorstehend [gemeint ist, dass das Frongeld entweder rückwirkend oder im Voraus bezahlt werden kann].

30 Bedeutung: „Legerbuch“ = Besitzverzeichnis, Katasterbuch; „Saalbuch“ = Buch, in welches alle einem Eigentümer gehörenden Grundstücke, an denselben gemachten Schenkungen und die daraus fließenden Einkünfte urkundlich eingeschrieben sind.

31 Bedeutung: „Abzug“ = Abzugsgeld; Vermögensabgabe oder Steuer, die beim Abzug von einem Grundbesitztum, bei Abwanderung des Steuerpflichtigen und ähnlichen Handlungen zu entrichten war.

32 Bedeutung: „Einzuggelt“ = Einzugsgeld (Gegenteil des Abzugsgelds).

33 Bedeutung: „hat“ =erhält.

34 Bedeutung: „specificirt“ = im Einzelnen dargelegt, detailliert aufgeführt.

35 Gemeint ist das Domstift Speyer; Stadt Speyer SP.

36 Gemeint ist die Markgrafschaft Baden-Durlach (Sitz Durlach, Stadt Karlsruhe KA).

37 Bedeutung: „verstaint“ = mit Grenzsteinen versehen/gekennzeichnet.

38 Bedeutung: „Äggrig-Gelt“ = Eckerichgeld, Abgabe zur Ausübung der Eichelmast, wofür die Schweine in den Wald getrieben werden.

39 Bedeutung: „daß hoche und kleine Jagen“ = Jagd auf Groß- und Niederwild. „Hohe Jagd = Großweidwerk, die Jagd auf Edel-, Elch-, Dam-, Reh-, Gems-, Stein- und Schwarzwild; Bär, Wolf, Luchs; Auer-, Birk-, Haselgeflügel; den großen Brachvogel, Fasan, Schwan, Trappe, Kranich, Adler. Wo man noch eine „mittlere Jagd“ unterscheidet, zählt zu ihr von obigen Tieren: Reh, Schwarzwild, Wolf, Birk- und Haselgeflügel, Brachvogel; alles Übrige zur niederen/kleinen Jagd.

40 Bedeutung: „[sich] behölzen“ = sich mit Bauholz/Schlagholz versorgen.

41 Gemeint ist der Walzbach, der bei Weingarten in die Oberrheinische Tiefebene eintritt und dort von rechts in die Pfinzkorrektion mündet.

42 Bedeutung: „in guetem esse“ = in gutem Zustand.

43 Bedeutung: „daz dritte Theil gefelt“ = der dritte Teil abgabe-/zinspflichtig ist.

44 Bedeutung: „Kellern“ = dem Keller (Verwalter der Abgaben/Finanzen).

45 Bedeutung: „Copias“ = Abschriften.

46 Bedeutung: „ob ihr ius noch saluum“ = ob ihr Rechtsanspruch noch gültig sei.

47  Staffort, Stadt Stutensee KA.

48 Bedeutung: „Novalzehenden“ = der Novalzehnte; auch: Neubruchzehnt oder Rottzehnt, d. i. die Zehntsteuer (10-Prozent-Abgabe) auf neugewonnenes, durch Rodung für den Ackerbau nutzbar gemachtes Land.

49 Bedeutung: „Spelzenkhern“ = Dinkelkörner.

50 Bedeutung: „Meelwag“=  Mehlwaage.

51  Ober- bzw. Untergrombach, Stadt Bruchsal KA.

52 Bedeutung: „aufschliessen“ = ein Rechtsverfahren eröffnen, aufschlüsseln, umlegen, verteilen.

53  Nachtrag von gleicher Hand am linken Rand.

54 Bedeutung: „Weinumbgelt“ = Umgeld für Wein; Umgeld/Ungeld = was über eine als Norm betrachtete Leistung hinausgeht, zur eigentlichen Leistung als Aufschlag, Spesen, Unkosten, Trinkgeld usw. hinzutritt; Abgabe, wofür es nach Anschauung des Sprechenden streng genommen keine wirkliche Gegenleistung gibt.

55 Bedeutung: „Hundthauß“ = hier sind unterschiedliche Bedeutungen möglich: Behausung für Hunde, Gefängnis oder Amtshaus/Kanzlei. Im vorliegenden Fall scheint es sich um das Gefängnis zu handeln, von dem bereits berichtet wurde, dass es abgebrannt sei.

56 Bedeutung: „uf den Augenschein geschickht“ = zur Begutachtung bestellt.

57 Stadt München M.

58 Bedeutung: „Bastartsfällen“ = Rechtsangelegenheiten, die unehelichen Nachwuchs betreffen.

59 Bedeutung: „Salpetersider“ = Salpetersieder (Beruf, der mit der Einführung des Schwarzpulvers große militärische Bedeutung erlangte, weil Salpetersieder den zur Herstellung des Pulvers notwendigen Salpeter sammelten).

60 Übersetzung: „uf ein andern gedacht werden“ = ein anderer hinzugezogen/beauftragt werden.

61 Bedeutung: „scheibenweiß“ = in Form von Scheiben [„Salzscheibe“ = eine Salzmasse in Scheibenform, die man dem Vieh zum Lecken hinhängt; auch: eine größere scheibenförmige Salzmasse von etwa eineinhalb Zentnern Gewicht].

62 Bedeutung: „Schöfferey“ = Schäferei.

63 Bedeutung: „Schöffer“ = Schäfer.

64 Bedeutung: „Ratification“ = Genehmigung, Bestätigung.

65 Bedeutung: „ebenmeßig“ = gleichartig, in gleicher Weise, ebenso.

66 Bedeutung: „Herrschafftsvahrnuß“ = fahrende Habe, die der herrschaftlichen Obrigkeit gehört.

67 Bedeutung: „Vaßen“ = Fässer.

68 Bedeutung: „Frevellthaidigung“ = die Verhandlung/Schlichtung von Strafsachen.

69 Bedeutung: „Schazungsbelaag“ = Steuerveranlagung.

70 Bedeutung: „Extract“ = Auszug, Zusammenfassung der wesentlichen Punkte.

71 Bedeutung: „mit der Herrschafft Schaden“ = zum (finanziellen) Nachteil der herrschaftlichen Obrigkeit.

72 Bedeutung: „uf Mitl gedacht“ = darüber nachgedacht werden; hier: durchgerechnet werden.

73 Bedeutung: „anfahen ufzurichten“ = angefangen [hat] aufzustellen bzw. zu verzeichnen.

74 Bedeutung. „maßen“ = in diesem Zusammenhang.

75 Bedeutung: „zimblich“ = wie es sich gehört.

76 Bedeutung: „abhören“ = etwas (Vorgetragenes) auf seine Richtigkeit überprüfen, (besonders: Rechnungen) abnehmen.

77 Bedeutung: „Jurisdictionalia“ = Dinge, die die Gerichtsbarkeit/Rechtsprechung betreffen.

78 Bedeutung: „Verhörtäg“ = Anhörung der Bürger in Rechtsfällen.

79 Bedeutung: „Außschuß“ =  eigtl.: Kommission; hier vermutlich: militärisches Aufgebot zur Landesverteidigung, Landmiliz.

80 Bedeutung: „disarmirt“ = entwaffnet.

81 Bedeutung: „Leütenambt“ = Leutnant.

82 Bedeutung: „Gewehr“ = Gewährleistung.

83 Lat. = Ausführung.

84 Lat. = zu Resultaten, zu einer Wirkung.

85 Bedeutung: „Teutscher Orden“ = Der Deutsche Orden, auch Deutschherrenorden, Deutschritterorden oder Deutschorden genannt, ist eine römisch-katholische Ordensgemeinschaft. Seit der Reformation war der Orden trikonfessionell; es existierten katholische, lutherische (Sachsen, Thüringen) und gemischte (Hessen) Balleien (=Verwaltungsbezirke oder Ordensprovinzen eines Ritterordens).

86 Bedeutung: „Collectur“ = Amt, das die kirchlichen Einkünfte verwaltet.

87 Bedeutung: „wol unnd eingezogen“ = anständig und ordentlich.

88 Lat. = Vermerk, Anmerkung.

89 Übersetzung: „die Frevell seindt abgestrafft [worden]“ = die Rechtsverstöße sind geahndet [worden].

90 Bedeutung: „leibaigene Todtfäll“ = Anzeigen der Sterbefälle von Leibeigenen.

91 Bedeutung: „ohngethaidtigt“ = unerledigt.

92 Übersetzung: „[zu] citiren unnd uf Ratification mit ihnen zu thaidtigen“ = vorzuladen und eine entsprechende Ratifikation (schriftliche Beglaubigung/Bestätigung) mit ihnen zu erstellen.

93 Bedeutung: „Gestalt“ = ebenso, gleichermaßen.

94 Umritt.

95 Bedeutung: „vorneme Hendel“ = Streitfälle, in deren Zusammenhang Adlige betroffen sind (in Abgrenzung zu „geringe Hendel“).

96 Bedeutung: „bayrischen Landtrechtens“ = bayerischen Landesrechts.

97 Bedeutung: „in einem corpore“ = alles in allem, in einem Stück zusammengenommen.

98 Bedeutung: „verificiren“ = beglaubigen.

99 Lat. = Kapital(-erträge), Geldmittel, Gelder.

100 Bedeutung: „Caesion“ = Zession; Forderungs- bzw. Sicherungsabtretung. Dabei ändert sich das Schuldverhältnis, indem die Forderung an einen neuen Gläubiger übertragen wird.

101 Bedeutung: „absonderlich“ = gesondert, eigens.

102 Bedeutung. „paßiren“ = durchgehen [lassen].

103 Bedeutung: „rectificirt“ = berichtigt.

104 Bedeutung: „Keüffere“ = Käufer.

105 Bedeutung: „accomodiren“ = bereitfinden, einverstanden erklären.

106 Bedeutung: „Äggeriggelt“ = Eckerichgeld, Abgabe zur Ausübung der Eichelmast, wofür die Schweine in den Wald getrieben werden..

107 Lat. = durch Vorlage eines (Rechnungs-)Belegs.

108 Bedeutung: „extraordinari“ = außerordentliche, außergewöhnliche.

109 Bedeutung: „fürtersamb“ = ab sofort, zukünftig.

110 Lat. = doppelt, in doppelter Weise.

111 Bedeutung: „wie breüchlich“ = wie gebräuchlich, wie (amts-)üblich.

112 Bedeutung: „Uberfluß an Zehrungen“ = sehr hohe Spesenrechnungen.

113 Bedeutung: „waß gesparsamer“ = etwas sparsamer.

114 Bedeutung: „Liquidation“ = Vollzug, Ausführung, Abwicklung eines Rechtsanspruchs.

115 Bedeutung: „zu begreiffen“ = vorzunehmen.

116 Lat. = inzwischen, zwischenzeitlich, vorübergehend.

117 Bedeutung: „erindern“ = erinnern, aus dem Gedächtnis hinzufügen.

118 Bedeutung: „accomodire“ = verhalte, betrage.

119 Bedeutung: Servicegelt“ = finanzielle Aufwendungen, die bei Einquartierungen von Soldaten anfallen (Service = das, was den Soldaten außer dem Quartier an Salz, Essig, Feuer, Licht und Geräten zum Gebrauch gegeben wird).

120 Doll, Jakob, Gerichts- und Gemeindeschreiber in Weingarten.

121 Bedeutung: „albereith“ = bereits, schon.

122 Bedeutung: „zum Gericht- oder Gemainschreiber praesentirt gewesen“ = für die Stelle des Gerichts- bzw, Gemeindeschreibers vorgesehen gewesen.

123 Bedeutung: „an heüt“ = von heute an.

124 Lat. = Unterlagen.

125 Lat. = Dokumente.

126 Bedeutung: „mit negstem“ = schnellstmöglich, unverzüglich.

127 Bedeutung: „Successor“ = (Rechts-)Nachfolger.

128 Übersetzung: „mit Schreiben weiters kein Eintrag zu than“ = keine weiteren schriftlichen Einträge vorzunehmen [im Hinblick auf seinen Nachfolger, um diesem die Übernahme der Amtsgeschäfte zu erleichtern].

129 Bedeutung: „Mitniesung“ = Mitnutzung.

130 Bedeutung: „neüangehende“ = neu hinzugekommene, zugezogene.

131 Bedeutung: „Handtreü“ = Handgelöbnis, mit Handschlag vollzogene Versicherung.

Quelle Generallandesarchiv Karlsruhe 61 Nr. 6165, fol. 12ff.
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.