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Regierung von Baden-Durlach an Amt Frauenalb 1622

Die markgräfliche Regierung in Durlach1 übermittelt dem Frauenalber2 Amtmann Michael Beck den Befehl des Markgrafen Friedrich V. von Baden-Durlach3, angesichts des drohenden Durchzugs der bayrisch-kaiserlichen Armee und der dadurch drohenden Gefahren als Vorsichtsmaßnahmen das schleunige Mahlen und Backen des Getreides sowie die Abführung von Brot und Wein in die Karlsburg4 zu veranlassen. Ferner wird empfohlen, den durchziehenden Truppen so gastfreundlich wie möglich zu begegnen, um Plünderungen und Übergriffe zu vermeiden.
In einem Nachtrag setzt die markgräfliche Regierung den Amtmann davon in Kenntnis, dass sich die durchziehende bayrische Armee mutmaßlich nicht feindlich aufführen werde und daher auf markgräflichen Befehl die Untertanen (je nach Vermögen) Speisen, Wein und etwas Vieh für diese Truppen bereithalten und sich die Männer zum eigenen Wohl in den Häusern aufhalten sollen. Zusätzliche Vorräte oder Wertgegenstände könnten sie allerdings im Bedarfsfall mit ihren Pferden in nahe gelegene Städte oder Orte in Sicherheit bringen.

Durlach, 6./16. Juli 1622 (Ausfertigung)

Unßern freündtlichen Gruß zuvor ehrnhaffter
lieber unnd guter Freundt.

Demnach die höchste ohnumbgängliche Notturfft5 erheischen
will unndt anderst nicht sein kann, dan daß man sich
mit Proviant unnd sonderlich Brodt6, der durchzihenden
Bayrischen Armee mit möglichste Hüelff zubegegnen,
damit zu höchstem Schaden und Gefahr nicht Ursach gegeben
werde, versehe. Alß ist anstatt7 deß durchleüchtigen
hochgebohrenen Fürsten und Herrns, Herrn Friderichen Marg-
gravens zu Baden und Hachberg8 etc. unßers gnedigen Fürsten
und Herrns der Befelch, du darob und daran sei und
mit eüffrigem Vleiß verschaffen sollest, daß man mit dem
Mahlen, auch Brodtbacken, nicht allein bestendig fortge-
fahren, kein Stundt oder Augenblückh darin verab-
saumbt, sondern auch so viel man immerzu zusamen
bringen kann, mit guter Anzahl alsobaldt alhero
geführt werden, auch so viel möglich etwaß an Wein
zugleich ervolgen9 möge. Verlast man sich endtlichen10. Actum11
Carlspurg den 6ten Julii Anno 1622.

Fürstlich maggravisch badische Verordnete
Cammermeister und Räthe
Ernst Ludwig Leuttrumb
von Erttingen12

Post Scriptum13

Auch ernhaffter lieber und guter Freindt.

Annoch[?] ein Geschrey geth, das ein Durchzug
durch die Marggrafschafft von der Bayrischen
Armee doch nicht alß ein Feindt, sondern alß
ein Freundt genommen werden möchte. So ist
in des durchleüchtigen hochgebornen Fürsten
und Herrn, Herrn Friderichen Marggravens
zue Baden und Hachberg etcetera, unnßers gnädigen Fürsten
und Herrns Namen noch ferner unßer Be-
velch, das man sich nit allein mit Mehl,
sondern auch andern Eßenspeißen, die Under-
thanen in ihren Heüßern und die Gemeinden
mit Wein, auch etwas von Vich nach Ver-
mögen gefast mache. Darneben du ihnen
anzuzeigen, das die Männer selbsten sich in
ihren Heüßern finden laßen, damit andere Un-
gelegenheit und der Brandt verhietet.
Und da sie noch etwas weiters in bemelten
ihren Heüßern, so ihnen lieb, in die negste Stöt
und auß den Straßen verschaffen.

Dann obwohl dißer Durchzug, da er seinen Fort-
gang haben solte, zu keiner Feintseeligkeit obge-
dachtermaßen angesehen, sondern sie allß Freundt
den Straßen nach fortzihen werden, so hat man
sich jedoch auf ein Fürsorge und unverhofften Fall
dergestalt in Acht zu nemmen. Dieweil
auch die Notturfft erfordern möchte, das man
die Proviant von einem Orth zum andern
würde fihren mießen, so hast du bey
den Underthanen die Verfigung zu thun, das
sie ihre Pferdt in der Nehe bey der Handt
haben. Versehen wir unnß14, Datum
ut in literis15

Ernst Ludwig Leuttrumb
von Erthingen
Johann Georg Castner


1 Durlach, Stadt Karlsruhe KA.

2 Kloster Frauenalb, Gemarkung Schielberg, Gemeinde Marxzell KA.

3 Baden, Markgraf Friedrich V. von <https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_V._(Baden-Durlach)Friedrich V. (Baden-Durlach) – Wikipedia> (10.01.2023).

4 Das Schloss Karlsburg in Durlach, Stadt Karlsruhe KA, war 1565–1718 markgräfliche Residenz.

5 Bedeutung: „höchste ohnumbgängliche Notturfft“ = das absolut unverzichtbare Existenzminimum, die Grundversorgung.

6 Bedeutung: „sonderlich Brodt“ = zusätzliche Brotvorräte.

7 Bedeutung: „alß ist anstatt“ = also ist an der Stelle (besser: im Namen, in Stellvertretung).

8 Die Markgrafschaft Baden-Hachberg entstand im 13. Jahrhundert durch Abspaltung von der Markgrafschaft Baden.

9 Bedeutung: „ervolgen“ = hier: einholen, herbeischaffen.

10 Bedeutung: „verlast man sich endtlichen“ = dieses ist unverzüglich zu veranlassen.

11 Lat. = gegeben; hier: aufgesetzt, verfasst (anschließend i.d.R. Ort, Datum).

12 Beamter aus der Familie Leutrum von Ertingen.

13 Lat. = Nachtrag, schriftliche Ergänzung in einem Brief.

14 Bedeutung: „versehen wir unnß“ = verhalten wir uns.

15 Lat. = wie geschrieben steht (hier Datierung des Hauptschreibens, also 6. Juli).

Quelle Generallandesarchiv Karlsruhe 88/437
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.