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Pforzheimer Kriegskommissar an kaiserlichen Generalkommissar 1635

Der Pforzheimer1 Kriegskommissar Hans Wolf Pelkover2 gibt dem Generalkommissar der kaiserlichen Armee Hans Christoph Freiherr von Ruepp3 Einblick in die innerstädtischen Verhältnisse, vor allem im Hinblick auf Proviantsicherung und -bereitstellung, insbesondere bei Mehl und Wein. Er weist auch darauf hin, dass die Beisteuer-Abgaben, die für die in Pforzheim einquartierten Offiziere und Soldaten verwendet werden, nicht ausreichen, da Brot, Wein und überhaupt alles hier sehr teuer sei. Ferner beklagt er sich über die schlechten Proviant-Pferde, die man ihm geschickt habe und die nicht zu gebrauchen seien, was auch auf etliche Pferdeknechte zuträfe. Vor allem aber beschwert Pelkover sich über die Dreistigkeit der Ratsherren und Beamten der Markgrafschaft Baden-Durlach, die nicht nur alle Abgaben und Steuern für sich beanspruchen würden, sondern auch den besten Wein vereinnahmt hätten, sodass nur noch der schlechte übrig sei.

Pforzheim, 26. Juni/6. Juli 1635 (Ausfertigung)

Wollgebornner Freyherr, insonnders hochgeerter gnädiger
Herr.

Dessen Schreiben neben den neuen Ordinanzien4 sambt dem
Inschluß, was deßhalber an alle Obristen unnd Commendanten
geschriben worden, habe ich zu Recht glifert empfanngen,
daruf alsobalden an denn Commiszarium Pöckhen5 zu Durlach6
die Notturfft7 gelanngen lassen.
Mit dennen von Pforzheim hab ich, auf des Herrn Obristen Befeles soweit gehandlet, daz sy
anjezt wochentlich 600 [Gulden] Contribuion8 [sic], davon 200 [Gulden]
dem Haubtman, Officirn, unnd 70 Knechten9, so in der Statt
logirn; der Resst uf den Dörffern (davon sye nit 100 [Gulden]
haben khönnen) gereicht werden solle. In Sonnderheit weilln
das Brott, Wein unnd alles alhie gar theur, khönnen sye nit
woll leichter (als wie bei khommende Specification10 mitbringt)
verpflegt werden.
So mueß man uf die Proviant-Officir (ausser was man
innen von etlich Wochen her schuldig verbliben), sowol uf die
Futer-Knecht, uf Ausbesserung der Gschür, Wägen unnd
andern nottwendigen Ausgaben, wenigistens 200 [Gulden] haben;
daz also in die Kriegs-Cassa nit 200 [Gulden], davon auch theils
Handtwerckhsleuth wegen der neuen Gschür und Lunden
gar bezalt werden miessen, verbleibt.
Die geschickhte Proviant-Pferd seind gar schlecht unnd
theils gar nit zu gebrauchen, noch vill weniger mit Gschürn
versechen; auch theils Knecht dabey nit tauglich. Dahero
ich den von Herrenberg11 wider 4 Pferd miessen zuruckh
schickhen, welches auch dennen von Oberkhirchen12 begegnen
mueß. So bin ich auch entschlossen, unnd wird villeicht
nit Unrecht thuen, daz ich diejenigen, dennen man die Gschür
außwexlen mueß, zu Restittuirung13 der Bezallung, was
sye cossten, anhalte.
Denn Wein zu Durlach betreffend, ist der besste mererntheil
von Ir Fürstlichen Durchlaucht Khuchelmeister hinweggefürt,
dann dem Puckhischen14 Regiments-Officirn an der Contribution
gegeben unnd theils von dem Commiszario Pöckhen hin-
weggenommen worden. Dahero nichts Guets mer, sonndern
nur der schlechtiste verhanden. Wievil aber dessen noch
sein wird, erwartt ich stündlich von besagtem Pöckhen
eine Specification. Hab ime sonnsten geschriben, die noch
übrigen Sättl unnd Lunden, so zu Durlach und Ettlingen15
gemacht worden, mit Wein zu bezahln. Ob aber die Hand-
werckhsleut damit contentirt16 sein werden, will ich
vernemmen.
Sonnst wird mein großgönstiger17 Herr aus gedachtem Commissario Peckhen
an Irer Excella gethones Schreiben vernommen haben, waß
massen sich die fürstlich margräflich baadischen Rhät
unnd Beambte der Undern Margraffschafft Durlach18 anmassen
unnd alle Geföhl19 albereit praetentirn20 wollen. Hiruf ich
dem Commissario Peckhen geschriben, daz er alle noch verhandene
Wein, Gföll unnd daz ratum temporis21 biß zu Dero
Fürstlichen Gnaden wirckhlicher Possession22 woll beobachten
unnd seiner Rechnung einverleiben solle.
Daß Mehl betreffend, obschon dazjenige, was bei jezigen
Fuer n23 alhero gelifert worden etwas schmeckht und ange-
loffen, hab ich doch hier uf dem Speichert, der von Pachen-
stein24 gepflasstert, guete Gelegenheit, daz solches din25 und
weitt außeinander gar woll ligen khan unnd also nach wochent-
lichen 3- oder 4-mahligen Umbschlagen nit verderben khine.
Seine 2 Vaß mit rotten Wein hett ich ime vor diser
mahl gern geschickht. Weilln aber die Proviant-Fuern ihren
Excella Grafen von Gronsfeld26 (deren doch über 8 nit gereicht
werden khinden) widerumb umb Wein farn miessen und am
Zuruckhreisen nit hiehero, sonndern uf ein 2. Mal von
hier nach Tibingen27 fahrn, haben solche noch biß zur negsten
Gelegenheit ligen verbleiben miessen. Wolte meinem großgönstigen
Herrn neben göttlicher Bevelchung anfiegen. Datum Pforzheim,
den 26. Junii 1635.

Meines großgönstigen Herrn
[???]28 Phelkhover.


1 Stadt Pforzheim PF.

2 Pelkover, Wolf, 1634–1636 bayerischer Kriegskommissar in Pforzheim (Maier, Franz: Die bayerische Unterpfalz im Dreißigjährigen Krieg. Besetzung, Verwaltung und Rekatholisierung der rechtsrheinischen Pfalz durch Bayern 1621 bis 1649. Frankfurt/M. u.a. 1990, S. 587).

3    Ruepp, Hans Christoph Freiherr von (1587–1652), 1632–1635 bayerischer Oberst und Generalkriegskommissar (Tessin, Georg: Die Regimenter der Europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Band 3, Osnabrück 1995, S. 285; Saito, Keita: Ruepp, Hans Christoph von 2017. In: Lexikon der Heerführer und hohen Offiziere des Dreißigjährigen Krieges, hg. von Markus Meumann <https://thirty-years-war-online.net/prosopographie/heerfuehrer-und-offiziere/ruepp-hans-christoph-von> (09.05.2023)

4 Bedeutung: „Ordinanzien“ = Ordonnanzen, Anordnungen.

5 Vermutlich: Beck, Rudolf, 1632–1633 bayrischer Kriegskommissar in Heidelberg (Maier, Franz: Die bayerische Unterpfalz im Dreißigjährigen Krieg. Besetzung, Verwaltung und Rekatholisierung der rechtsrheinischen Pfalz durch Bayern 1621 bis 1649. Frankfurt/M. u.a. 1990, S. 587).

6    Durlach, Stadt Karlsruhe KA.

7 Bedeutung: „Notturfft“ = Notlage, Notwendigkeit, Anspruch.

8 Bedeutung: „Contribu[t]ion“ = Steuer, Beisteuer, Kriegssteuer.

9 Bedeutung: „Knechte“ = hier. Lands- bzw. Kriegsknechte.

10 Bedeutung: „Specification“ = im Einzelnen dargelegte, genaue Auflistung.

11  Stadt Herrenberg BB

12  Stadt Oberkirch OG.

13 Bedeutung: „Restittuirung“ = Zurückerstattung.

14 Puck, NN, 1634–1635 bayerischer Offizier (Tessin, Georg: Die Regimenter der Europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Band 3, Osnabrück 1995, S. 265).

15  Stadt Ettlingen KA.

16 Bedeutung: „contentirt“ = zufriedengestellt.

17  Bedeutung: „großgönstiger“ = wohlmeinender, gewogener. Abkürzung aufgelöst in „großgönstiger“, eine vom Verfasser auch in anderen Schreiben verwendete Floskel.

18  Markgrafschaft Baden-Durlach.

19  Bedeutung: „Geföhl“ = Gefälle (obrigkeitliche, kirchliche oder gerichtliche Einnahmen, Abgaben und Steuern).

20 Bedeutung: „praetentirn“ = Anspruch erheben auf etwas, fordern, beanspruchen.

21  Mit der lateinischen Wendung „pro rata temporis“ (wörtl. etwa: „zeitanteilig“) ist die Verteilung eines Geldbetrages auf Zeitabschnitte gemeint. Bei Kaufvorgängen bedeutet dies, dass die Zahlung im Verhältnis der bereits erbrachten Lieferung erfolgt.

22  Lat. = Besitz.

23  Bedeutung: „Fuern“ = Fuhren.

24  Bedeutung: „Pachenstein“ = Backstein.

25  Bedeutung: „din“ = dünn.

26 Gronsfeld, Graf von, kaiserlicher bzw. bayerischer Offizier (welcher?); vgl. Tessin, Georg: Die Regimenter der Europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Band 3, Osnabrück 1995, S. 114.

27  Stadt Tübingen TÜ.

28  Im Original fehlt Teil vom Blatt.

Quelle Staatsarchiv München, Schlossarchiv Teising 57
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.