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Pforzheimer Kriegskommissar an kaiserlichen Generalkommissar 1634

Der Pforzheimer1 Kriegskommissar Hans Wolf Pelkover2 gibt dem Generalkommissar der kaiserlichen Armee Hans Christoph Freiherr von Ruepp3 Einblick in die innerstädtischen Verhältnisse, vor allem im Hinblick auf Proviantsicherung und -bereitstellung, wobei er detaillierte Angaben über die Menge an Brot macht, die pro Tag hergestellt und geliefert bzw. abgeholt werden kann. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es in der Region zwar viele Wassermühlen gebe, mit denen die Produktion gesteigert werden könne, diese aber kriegsbedingt in einem erbärmlichen Zustand seien und es außerdem an Müllern fehle, so dass die insgesamt vier Müller in Pforzheim die ganze Produktion allein stemmen müssten. Hinzu komme noch, dass auch die intakten Mühlen durch Einquartierungen von Soldaten nur zum Teil nutzbar seien, weshalb Pelkover den Kommissar dringend ersucht, einen unmissverständlichen Befehl auszugeben, dass die zur Verarbeitung des Getreides nötigen Mühlen zu räumen und von künftigen Einquartierungen zu verschonen seien.

Pforzheim, 12./22. Dezember 1634 (Ausfertigung)

Wohlgebohr ner Freyherr, Ihme seindt mein
willige Dienst bevor4, sonders großgönstiger5
Herr etcetera.

Seine Schreiben hab ich heut umb 11 Uhr zue
Mitag recht gelieffert empfangen6, darauff
alßbaldten die Anstalt gemacht, daß auff
14.4007 3-pfündtige Brodt-Mehl abzuebachen
abgeben wordten, so auff khünfftig Donner-
stag undt Freytag schon abgeholt werdten khönnen.
Dem Hartenbergischen8 Regiment ist heut lauth
beyligenndter Designation9 1.200 Brodt
sambt den Commiss10, wieh von der Stat nachge-
schiebt wordten. Ob sye sich schon daß ubrig
darann zue geben hart beschwehren, sollen sye
doch züer Müglichkheit angehalten werdten.
Sonsten ist in Acht zue nemen, daß uber 2.000
Brodt hier uber dieße begehrte Summa
nit uberbleiben, auch die Frucht zue Stein11
und Gochzheim12 sobalden, alß mans villeucht
vonnöthen haben möchte, nit auß-
getroschen werdten khönnen. Dahero auff ohne
maßgebige Mitel zue gedenckhen,13 wie
umb Sintzheim14 und dero Orthen auch etwaß
ohne Proviant gemacht werdte.
Die 4 Müller in der Stat Pfortzheim khönnen
Tag und Nacht in die 50 Malter15 abmahlen,
dannach jetziger Zeit daß burgerliche Malter
versehen, nechst bey der Stat uff dem
Lanndt zue Prötzingen16 und Eitingen17 khönnen
ihr 2 Tag und Nacht 20 Malter beförderen.
Die Meßerey18 zue Stein und hier ist also be-
schaffen, daß ahn 20 Malter Steiner Meß hier
ein halbes oder 4 Simri19 abgehen.
Die Mühlen umb Gochzheim betreffendt, seindt ahn
deme daselbsten vor fließendten Waßer wohl
etliche vorhanndten, aber zue besorgen
selbige ruinirt sein werdten,20 oder kheine Müller
dahein seindt. Weilen der Keller21 alda
morgen beschrieben und zue mihr khommen solle,
khan er darüber gehördt und sein Meiung
alßbaldten bericht werdten. Wehre gueth,
wan aldorten gemahlen, daß Mehl hienach
auff Bretten22, Heidelßheim23, Brußel24 abzue-
bachen uberbracht werden khönte, damit
solches die Regimenter nit so weit abzue-
holen hetten.
Die Beckhen25 seindt mit ihren Bacherlohn26[?] solcher-
gestalt, daß selbiges ahn der hinderstelligen
Rantion27 abkhürtzt werden solle, wohl zue-
frieden; will deßentwegen mit ihnen vorigen
Gebrauch nach ordenliche Abrechnung
pflegen.
Morgen würdt der Proviant-Officirer
Johan Daffinger28 nacher Stein die An-
stalt zue machen, damit die praescribirte29
Anzahl Früchten hiehero ehistens gebracht
und ausgetroschen werdten. Vermeint aber,
es werdte nit so viel vorhanndten sein,
dan ein Scheffel 11, ein Malter nur 8 Symmeri ist,
doch hab ich den Ambtman deß Schreibens
einen Extract30 eingeschloßen undt dem
Daffinger nit darauß zue schreiten anbe-
fohlen.
Der Undervogt zue Etlingen31 würdt morgen,
geliebts Got, hiehero khommen, waß alß-
dan der Contribution32 halber mit ihme ge-
handelt würdt, solle hienach volgen.
Hie bleiben die gewohnliche Clagen auch nit
dahinden; ihr viel auch vom General-Hoffstab wollen die Quartir
nit raumen, sonderen alle Ungelegenheit
machen. Seindt auch die Mühlen von hieigen
Regiments-Quartirmeister per partita33
also belegt, daß sye dem Magazin solcher-
gestalt nit dienen khönnen. Bin zwor
deßwegen heut bey Herrn Haubtman von
Enß alß jetzt hießigen Commendanten selbsten
geweßen, ihne solches abzuestellen
ersuecht, er will aber nit beißen34. Erachte
also (doch ohne maßgeben), daß mein großgönstiger
Herr ernstliche Mandat35 außwürkhe, daß
diejenige, so ihr Quartier anderer Orthen
haben, sich von hier hinweckh begeben, unnd
[auf?] die Müller, wie billich, die ohne daß
wochentlichen den Quartirmeister ihre
Reichs-Thaler geben müeßen, der unbillichen
Einquartirung möchten[?] entubrigt sein und
das Mahlen zuen hochnothwendigen Magazin36
beförderen khönnen, welches meinen großgönstigen
Herren ich hiemit gehorsamblich uberschreiben
und zue dero gnädigst mich empfehlen wollen.
Datum Pfortzheim, den 12ten Decembris anno etcetera 1634.

 Chuerfürstlichen Durchlaucht in Beyeren Pfalz
zue Waldtmuchen37 und zuen
General-Kriegs-Commißariat,
verordneter Commissarius etcetera.
Wolff Pelkhover.


1 Stadt Pforzheim PF.

2 Pelkover, Wolf, 1634–1636 bayerischer Kriegskommissar in Pforzheim (Maier, Franz: Die bayerische Unterpfalz im Dreißigjährigen Krieg. Besetzung, Verwaltung und Rekatholisierung der rechtsrheinischen Pfalz durch Bayern 1621 bis 1649. Frankfurt/M. u.a. 1990, S. 587).

3    Ruepp, Hans Christoph Freiherr von (1587–1652), 1632–1635 bayerischer Oberst und Generalkriegskommissar (Tessin, Georg: Die Regimenter der Europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Band 3, Osnabrück 1995, S. 285; Saito, Keita: Ruepp, Hans Christoph von 2017. In: Lexikon der Heerführer und hohen Offiziere des Dreißigjährigen Krieges, hg. von Markus Meumann < https://thirty-years-war-online.net/prosopographie/heerfuehrer-und-offiziere/ruepp-hans-christoph-vo> (09.05.2023)

4 Bedeutung: „seindt […] bevohr“ = sei(en) versichert.

5    Bedeutung: „sonders großgönstiger“ = über die Maßen wohlmeinender, gewogener. Abkürzung aufgelöst in „großgönstiger“, eine vom Verfasser auch in anderen Schreiben verwendete Floskel.

6 Bedeutung: „recht gelieffert empfangen“ = ordnungsgemäß überbracht erhalten.

7    Stückzahl.

8 Hardenberg, NN,  bayrischer Offizier (Tessin, Georg: Die Regimenter der Europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Band 3, Osnabrück 1995, S. 120).

9 Bedeutung: „Designation“ = Bezeichnung, Bestimmung, vorläufige Ernennung.

10 Bedeutung: „sambt den Commiss“ = inklusive der Lieferungsaufträge.

11  Stein, Gde. Königsbach-Stein PF.

12  Gochsheim, Stadt Kraichtal KA.

13 Bedeutung: „Dahero auff ohne maßgebige Mitel zue gedenckhen“ = In Anbetracht der fehlenden Mittel sollte man überlegen, […].

14  Stadt Sinsheim HD.

15 Bedeutung: „Malter“ = Getreidemaß (eigentlich das für einen Mahlgast auf einmal zu Mahlende), Volumenmaß für Schüttgut.

16  Brötzingen, Stadt Pforzheim PF.

17  Eutingen, Stadt Pforzheim PF.

18 Bedeutung: „Meßerey“ = die Berechnung der Maßeinheiten.

19 Simri/Symmeri = Hohlmaß für Getreide (historisch: 1 Scheffel = 8 Simri; 1 Scheffel beinhaltete – landschaftlich verschieden – 40 bis 230 Liter).

20 Bedeutung: „aber zue besorgen selbige ruinirt sein werdten“ = aber vermutlich dermaßen zugrunde gerichtet sind, dass sie nicht benutzt werden können.

21  Bedeutung: „Keller“ = Kellermeister, Kellerverwalter. Der „Keller“ war insbesondere für die Eintreibung der Geld- und Naturalabgaben an den Lehns- bzw. Grundherren verantwortlich.

22  Stadt Bretten KA.

23  Heidelsheim, Stadt Bruchsal KA.

24  Stadt Bruchsal KA.

25 Bedeutung: „Beckhen“ = Bäcker.

26 Bedeutung: „Bacherlohn“ = Bäckerlohn.

27  Bedeutung: „Rantion“ = Lösegeld zum Loskauf aus Kriegsgefangenschaft.

28 Daffinger, Johann, Poviantoffizier.

29 Lat. = vorgeschriebene.

30 Bedeutung: „Extract“ = Zusammenfassung.

31  Stadt Ettlingen KA.

32 Bedeutung: „Contribution“ = Steuer, Beisteuer (spez.: für den Unterhalt der Besatzungstruppen erhobener Beitrag im besetzten Gebiet).

33 Lat. = durch Teilung, teilweise.

34 Bedeutung: „er will aber nit beißen“ = er will sich aber nicht darauf einlassen.

35 Bedeutung: „Mandat“ = (obrigkeitlicher) Erlass, Befehl.

36 Bedeutung: „Magazin“ = Lagerhaus, Speicher.

37 Stadt Waldmünchen CHA.

Quelle Staatsarchiv München, Schlossarchiv Teising 57
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.