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Pforzheimer Kriegskommissar an Generalkommissar der kaiserlichen Armee 1635

Der Pforzheimer1 Kriegskommissar Hans Wolf Pelkover2 bestätigt dem Generalkommissar der kaiserlichen Armee Hans Christoph Freiherr von Ruepp3 den Empfang seines Schreibens und die Weitergabe an den Magistrat − mit der Zusicherung, die Umsetzung der erteilten Anweisungen über zu leistende Zahlungen an Geld und Naturalien streng zu überwachen und die Wucherei und den Betrug, den zahlreiche Bürger beim Handel mit den Soldaten betreiben, mit harten Strafmaßnahmen zu ahnden. Pelkover vermeldet ferner, dass er mehrere Fässer Wein nach Tübingen4 schicken werde, weil dieser dort stark nachgefragt sei. Bezüglich der schleppenden Proviantfuhren verweist er nochmals auf die schlechte Qualität der Pferde, von denen ihm bereits zwei „verreckt“ seien, weshalb er um Ersatz bittet; weitere vier habe er verkaufen können. In diesem Zusammenhang beklagt er auch, dass die eingesetzten Pferde unterwegs nicht ausreichend mit angemessenem Futter versorgt würden und ersucht um eine dienstliche Anweisung, dies zu ändern. Abschließend berichtet Pelkover, dass der Stall- und der Feldzeugmeister auf Bezahlung aus der hiesigen Kriegskasse oder auf Entlassung drängen und frägt, wie er verfahren solle.

Pforzheim, 30. Juli/9. August 1635 (Ausfertigung)

Wollgebor nner Freyherr, insonnders hochgeerter
gnädiger Herr.
Irer Excellentia unnd sein Schreiben hab ich recht em-
pfangen unnd alsobalden Burgermeister unnd Rhat
eingehendtigt. Will hiruf erwartten, wie
sye sich einstellen unnd pariern werden. Im Widerigen
ich mit scherpfferer Execution5 verfahrn mueß,
weilln merer Theil Burger irer Handtirungen treiben,
alles umb drifach Gelt den Soldaten wider geben,
iren Wuecher unnd Schindterey6 forttsezen, wan nur ein
Pferd oder was anders uf den Marckht khombt
alßbalden ufkhauffen khünen, wusst ich nit, wohero
sye ein so schlechtes Gelt zu lifern befreit sein solten.
Mueß derowegen mit der Execution bei denn
Vermöglichen verfahrn.

Die 1.000 [Gulden] in die Kriegs-Cassa zu lifern betreffend,
will ich vernemmen, was von meinem Gelt zu Tibingen
im Vorrhat sein wird, solches durch Herrn Obrist-
Leuttenant Ungelter7 in die Cassa lifern lassen.
Alßdan den Resst uf die begerte 1.000 [Gulden] negsten
Tagen von hie aus guetmachen, nit weniger was ferner
fallen wird berichten unnd treulich verrechnen.
Den Wein anlangend, schickh ich von hier aus bei
diser Gelegenheit etliche Vaß Wein nacher Tibingen,
alda so hoch man khan zu verkhauffen, weilln ich
ver nimb, selbiger der Orthen ein zimblichen Abgang8
haben solle, darumben, daz Gelt auch der Cassa einge-
lifert werden khan. Nach Durlach9 hab ich gesstert
dem Commissario Peckhen10 selbigen Weins halber auch ge-
schriben; wird verhoffentlich daz Seinige über vilfelttigs
Anmahnen dabey thun unnd mich oder zuvorderist
meinen gnädigen Herrn die Beschaffenheit berichten.

Wie schlechtlich die Proviant-Fuern bestelt, deren nur 8
zu gebrauchen, hab ich vorhero albereit berichtet.
Acht Pferd stehen noch hie, so nit zu gebrauchen,
unnd nichts rhatsamer, als daz sye, wie man khan
unnd mag, verkhaufft werden. Vier Pferd hab ich al-
bereit verkhauffen lassen, zwei seind renuntiando 11verreckht,
also uf Mitl zu gedenckhen, wie solche wider ersezt,
die zwen oder mer Wegen bespant werden. Vier
Pferd seind die von Herrnberg12 noch zustellen schuldig,
die andern, so nit zue gebrauchen, gehör n mererntheils
ins Tibinger, Wildberger13 Ambt unnd selbigen Fleckhen
herumb. Vermeine doch ohne Maßergebung, sye andere
zu stellen anzehalten oder innen mit Gwalt
woll hinwegzunemmen wern. Der Pro-
viantwagen-Meister Steinpöckh beschwert sich auch,
daz ime underwegs die rauche Fuetterung14, auch von
den Unnserigen, nit gern will paßirt15 werden
unnd zu besorgen es umb hartte Früchten jezt
nunmer zu thun sein wird. Dahero ime mein
gnädiger Herr unmasgeblich belieben lassen wolle, ime
Steinpeckhen ein offen Patent16 ausfertigen zlassen,
damit die Pferd underwegs auch mit hartter
Fuetterung17 versechen werden mechten.

Auß meinem vorigen Bericht wird zu sechen sein
gewesen, daz der zu Steineg18 ligende Leuttenant
von Johan de Werths19 neugeworbnem Regiment ist,
welches ich umb Nachricht auch hiebei sezen wollen.

Das Mehl unnd Gschür betreffend sollen vleißig
in Obacht genommen werden unnd wird daz Mehl
sonderlich bei diser Werme wochentlich zweimahl
umbgeschlagen. Unnd weillen es von Tibingen aus hieher
zimblich schmeckhend und angeloffen khombt, khombt
es ime gar woll, daz es hie an ein lifftigs Orth uf
gebachene Stein20 gschütt wird.

Der alhie ligende Constable21 bitt, ir Excellencia
Grave von Gronsfeld22 dahin zu persuadirnen23,
ob sye ime 15 [Pfund] Salitter24 unnd 8 [Pfund] Schwefel
gnedig bei disen Fuern volgen lassen wollen, damit
er sich zu dem Feurwerckh etwas exercirn25 und
nit gar vergessen mechte. Sonnst habe ich vor disem
berichtet, daz er, Constable, unnd der Zeug-Dienner
ir Contribution26 zu Altensteig27 unnd Hischau28 nit abhollen,
sonndern alhie bezalt sein wollen. Wie ich dan wochent-
lich ime, Constable, 6 und dem Zeug-Dienner29 4 [Gulden]
unnd zusamb bißhero bereits 40 [Gulden] geben, welche
sowohl, auch was innen hinfür geben werden soll,
von demjenigen Gelt, so in die Kriegs-Cassa gehört,
abkhürzt wird. Weilln sye dan gesstert mermals
unnd gar mit Truzen und Puchen von mir die Bezahlung
oder den Abschied begert unnd aber khein Resolution30
habe, ob es innen also solte gereicht werden, alß
will ich die weittere Verordnung erwartten.
Nebensbei meinen gnädigen Herrn göttlicher Protection31,
dero aber zu gehen mich empfelchend. Datum Pforzhen,
den 30. Julii 1635.

Meines gnädigen Herrn
gehorsamb williger
Pelkhover


1 Stadt Pforzheim PF.

2    Pelkover, Wolf, 1634–1636 bayerischer Kriegskommissar in Pforzheim (Maier, Franz: Die bayerische Unterpfalz im Dreißigjährigen Krieg. Besetzung, Verwaltung und Rekatholisierung der rechtsrheinischen Pfalz durch Bayern 1621 bis 1649. Frankfurt/M. u.a. 1990, Band 3, S. 587).

3    Ruepp, Hans Christoph Freiherr von (1587–1652), 1632–1635 bayerischer Oberst und Generalkriegskommissar (Tessin, Georg: Die Regimenter der Europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Band 3, Osnabrück 1995, S. 285; Saito, Keita: Ruepp, Hans Christoph von 2017. In: Lexikon der Heerführer und hohen Offiziere des Dreißigjährigen Krieges, hrsg. von Markus Meumann (Online-Ressource; URL: https://thirty-years-war-online.net/prosopographie/heerfuehrer-und-offiziere/ruepp-hans-christoph-von/ (TT.MM.JJ)).

4 Stadt Tübingen TÜ.

5 Bedeutung: „mit scherpfferer Execution“ = mit schärferer Ahndung/Vollstreckung.

6 Bedeutung: „Wuecher unnd Schindterey“ = Wucher und Betrug.

7 Ungelter, Wolf Jacob, bayrischer Obrist; vgl. <https://www.30jaehrigerkrieg.de/?s=ungelter> (09.05.2023).

8 Bedeutung: „ein zimblichen Abgang“ = eine große Nachfrage, ein großer Bedarf.

9    Durlach, Stadt Karlsruhe KA.

10  Vermutlich: Beck, Rudolf, 1632–1633 bayrischer Kriegskommissar in Heidelberg (Maier, Franz: Die bayerische Unterpfalz im Dreißigjährigen Krieg. Besetzung, Verwaltung und Rekatholisierung der rechtsrheinischen Pfalz durch Bayern 1621 bis 1649. Frankfurt/M. u.a. 1990, S. 587).

11 Lat. = = dem Meldenden (also dem, der das schreibt).

12  Stadt Herrenberg BB.

13  Stadt Wildberg CW.

14 Bedeutung: „die rauche Fuetterung“ = Rauhfutter (Tierfutter, das aus Heu und Stroh besteht) geben; Heu und Stroh verfüttern.

15 Bedeutung: „paßirt“ = zugestanden.

16 Bedeutung: „Patent“ = Freiheitsbrief, Bestallungsschreiben, Gewerbeschein.

17 Bedeutung: „mit hartter Fuetterung“ = Hartfutter = Pferdefutter, das aus Hafer mit Häckerling, Gerste, Roggen oder Erbsen besteht; auch Körnerfutter genannt.

18  Steinegg, Gde. Neuhausen PF.

19 Werth, Johann von <https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_von_Werth>(09.05.2023).

20 Bedeutung: „gebachene Stein“ = Backsteine.

21  Lat. = Stallgraf, Stallbeamter, Stallmeister.

22 Gronsfeld, Graf von, kaiserlicher bzw. bayerischer Offizier (welcher?); vgl. Tessin, Georg: Die Regimenter der Europäischen Staaten im Ancien Régime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts. Band 3, Osnabrück 1995, S. 114.

23  Lat. = überzeugen, überreden.

24  Saliter = Salpeter.

25 Bedeutung: „exercirn“ = (militärisch) üben, einüben.

26 Bedeutung: „Contribution“ = Steuer, Beisteuer.

27  Stadt Altensteig CW.

28  Hirsau, Stadt Calw CW.

29 Bedeutung: „Zeug-Dienner“ = Feldzeugmeister, Diener am Zeughaus. Diener am Zeughaus (Gebäude zur Aufbewahrung aller Arten von „Zeug“, z. B. Rüstungen, Waffen und sonstigem Kriegsgerät oder Vorräte an wie Pulver und Salpeter).

30 Bedeutung: „Resolution“ = Verordnung, Anweisung.

31 Bedeutung: „göttlicher Protection [empfelchend]“ = dem Schutz des Allmächtigen [empfehlend].

Quelle Staatsarchiv München, Schlossarchiv Teising 57
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.