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Klagelied auf den Tod des Herzog Magnus von Württemberg in der Schlacht bei Wimpfen 1622

Der Text von unbekannten Autor beklagt den „Heldentod des Herzogs Magnus1 in der Schlacht bei Wimpfen“ am 26. April/6. Mai 1622. Als nachgeborener Sohn trat Magnus von Württemberg in den Militärdienst ein und kämpfte für die Protestantische Union. Er erhielt 1617 das Schloss Neuenbürg2 als Residenz. 1621 wurde er zum württembergischen Kriegsobersten ernannt. Da er kinderlos bei Wimpfen starb, fiel das Schloss Neuenbürg wieder an die Stuttgarter Hauptlinie des Hauses Württemberg zurück.
Der Text entstammt dem Sammelband von Karl Steiff. Als Melodie wird dort angegeben: „Wie nach einer waßerquele ein hirsch schreiet mit begier“.3 Die kursiv gesetzten Anmerkungen stammen von Steiff.

Ohne Ort und Datum (Druck)

Threnodia oder Klaglied über des durchleuchtigen, hochgebornen fürstens und herrens, herren Magni, herzogen zu Würtemberg … umb des lieben vaterlands willen bei Wimpffen erlittenen ritterlichen, hochrühmblichen to[d]4

 

 

1.
Magnus, herzog hochgeboren,
fürst und herr zu Württemberg,
ein frommer fürst auserkoren,
welchs erweisen thut das werk;
dann er recht gut teutsch fürstlich
immerdar erzeiget sich,
sein herz war voller freuden,
vor das vaterland zu streiten.

2.
Als man zahlt ein tausent jahre
sechshundert zwanzig und zwei,
sechs und zwanzigst april ware,5
da dis schlacht geschehen sei,
darin der hochteure held
geschieden us diser welt
mit vilen streichen und wunden,
o weh der unglückselgen stunden!

3.
Gleich eim löwen ganz starkmütig
in der schlacht erzaiget hat,
des feinds war er sehr begierig,
erwies dis ritterlich that,
daß er in der grösten not
fünf person hiebe zu tot
und thet auch laut darbei schreien:
„Wa thut nun mein gsind doch bleiben?“

4.
Nicht einer war jetz zur stellen,6
der ime beispringen wolt,
es waren flüchtig gesellen,
hetten von ihm doch reichen sold.
Mußt also der teure fürst
mit harnisch noch ungerüst7
sein leben mit schmerzen enden
und komen in des feindes händen.

5.
Verlaßen ward unser trewe,
der sich so ritterlich hielt,
ihn umbringeten die säwe,
der ganz hauf wider ihn brüllt:
„Secht, daß er uns nit entwisch!
auf ihn, er ist lutherisch!
leben soll nimmermehre
von Württemberg diser herre!“

6.
Seiner feindn warn gar zu vile,
die ihn sehr heftig verwundt,
tötlich er zur erden fiele,
deß warn froh die bluthund;
mit seim blut ward er gemalt,
sie beraubten ihn alsbald;
hett also diser fromb herre
kriegt unsterblich preis und ehre.

7.
Fürstlich ist er nun gestorben,
wie ein trewer patriot
und ewigen ruhmb erworben,
sein tod rächet gewiß Gott,
und auch andre ritters leut,
welchen sein tod gänzlich leid,
werdens nicht ungrochen laßen:
schenkt ihn ein mit gleicher maßen!8

8.
Rach wirt Gott gar gewiß schicken
über der feinden mutwill
und strafen ihre bös tücken,
dann ihrer feind gar zu vil;
dann ihr schändlich tyrannei,
welch sie jetz treiben ohn schew,
wird sie bald selbs thun auffreßen,
Gott hat unser nit vergeßen!

9.
In dem herrn thut der held leben,
deß bin ich versichert wohl;
victori wirt uns Gott geben,
doch ein jeder wehren soll,9
wie disen fromb fürst so trew10
wider den feind gebraucht frei,
von ihm können wir recht lehren,11
wie man den feind soll abwehren.

10.
Die sach thut er bei Gott führen,
daß er uns hülf senden thue,
thet fleißig sollicitirn,
daß wir vorm feind haben ruhe;
erlanget disen sentenz,
daß die göttlich assistenz
sich ohn saumblich wird einstellen,
den feind bis aufs haupt zu fellen.

11.
Ein fall, der sehr vil thut krenken12
und bringt großes herzen leid,
doch sollens widerumb gedenken,13
daß er ist in ewiger freud
und daß sein teuweres blut
uns noch bringt vil nutz und gut;
darauf kann ich frölich pochen:
sein tod laßt Gott nit ungrochen.

12.
Richte dein pfeil, o herr, geschwinde
wider die gottlose rott,
stürz das unbeschnitten gsinde,
jag sie in jamer und not,
schieß wider sie dein giftig pfeil,
jag sie fort in aller eil,
daß ihr kein gedechtnus bleibe,
plötzlich, o Gott, sie aufreibe!

13.
Ist das nit ein edler ritter,
der für unser vaterland
gegangen in tod so bitter
und mit seiner rechten hand
vertedigt hat unser wohlfart,14
die vom feind verletzt ward?
die wolt er thun erretten
von den spanischen kröten.

14. Citier demnach euch allsamen,15
so ihr anderst christen seit
und mit mir braucht gleichen namen,16
daß ihr stetigs fertig seit,
dem feind zu widerstreben,
im herzen laßt stets schweben,
daß beßer in ehren gstorben
als in dienstbarkeit verdorben.

15.
„Vergeßt doch nit, ihr herren brüder,17
des feinds falsch und schaltheit groß,
vergeltet es ihnen hinwider,
dann ers mit euch meint trewlos
und glaubt doch meinem bericht,
daß er alles falschlich bricht,
er sucht nur euch zu betrügen
mit seinen spanischen lügen.

16.
„Sehet, ir fräwlin schwestern alle,18
was vor unser vaterland
ich glitten für schmerz und quale,
in mein wundn ligt ewer hand;
doch laßt ab von trawrigkeit,
dann ich leb in ewiger freud
und wohn in Gottes lustgarten,
daselbst will ich ewer warten.

17.
„Württemberg, du hast zu trauren
nit ein geringe ursach;
ein riß ist gangn durch dein mauren:
Gott verhüt größer ungmach
und geb euch des heldens sinn,
daß ihr den feind jagt von hinn
und legt ihm auf ein schwere buß,
welchs euch ratet herzog Magnus.“


1 Württemberg, Magnus Herzog von Magnus (Württemberg-Neuenbürg) – Wikipedia (TT.MM.JJ).

2 Stadt Neuenbürg PF.

3 Gemeint ist A. Lobwassers Uebersetzung des 42. Psalms; sie steht samt der Melodie in den überaus zahlreichen Ausgaben von Lobwassers Psalter Davids.

4 In der Quelle: todts.

5 nach dem alten Stil, nach dem neuen der 6. Mai.

6 Bei der später angestellten amtlichen Untersuchung lauteten die Aussagen der Beteiligten dahin, daß der Herzog vor dem Angriff seinen Begleitern selbst freigegeben habe, sich zu wenden, wohin sie wollten; sie scheinen aber doch ihm gefolgt und in seiner Nähe geblieben zu sein, bis er von ihnen abgeschnitten und durch den in der Luft wirbelnden Staub auch ihrem Blick ganz entzogen wurde.

7 Thatsächlich hatte der Herzog Brust und Rücken mit einem Harnisch gedeckt, dagegen war der Kopf nur mit einem Hut, die Arme aber gar nicht geschützt. Ob Z. 6 auf diesen mangelhaften Schutz sich bezieht und nicht vielleicht eher dadurch veranlaßt ist, daß Magnus am Tage der Schlacht eine Zeit lang, aber nicht bei seinem Todesritt, ganz ohne Harnisch war?

8 ihn: ihnen, den Feinden.

9 wehren: Widerstand leisten.

10 Es dürfte entweder Gott als Subjekt zu ergänzen oder st. disen: diser zu lesen sein.

11 lehren: mundartlich = lernen.

12 Ein fall: nicht der Tod des Feindes Str. 10,8 ist gemeint, wozu das Folgende nicht passen würde, sondern der Tod des Herzogs Magnus.

13 sollens: nämlich die vielen Z. 1.

14 vertedigt: alte Nebenform von verteidigt.

15 Citier: ich rufe auf. Herzog Magnus wird hier redend eingeführt.

16 den Namen Württemberg; es sind nemlich die Angehörigen seines Hauses gemeint, speziell seine Brüder, vgl. Str. 15,1.

17 ihr herren brüder: die Brüder des Herzog Magnus waren außer Johann Friedrich, dem regierenden Fürsten, die Herzoge Ludwig Friedrich, Julius Friedrich und Friedrich Achilles; alle waren älter als Magnus.

18 fräwlin schwestern: die Schwestern des Herzogs, soweit sie damals noch lebten, waren Eva Christiana, seit 1610 verm. mit Johann Georg von Brandenburg-Jägerndorf, Agnes, seit 1620 verm. mit Franz Julius von Sachsen-Lauenburg, Barbara, verm. seit 1616 mit Friedrich V. von Baden-Durlach, und die ledig gebliebene Anna.

Quelle Steiff, Karl (Hg.): Geschichtliche Lieder und Sprüche Württembergs, Stuttgart 1912, Nr. 114, S. 510–513.
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.