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Kaufrevers des Fronmüllers zu Hausen a. d. Würm für die Herrschaft Gemmingen-Mühlhausen 1628

Der Heimsheimer1 Bürger Wilhelm Dürr (Dirr) bestätigt als Inhaber der Fronmühle (württembergisches Erblehen) bei Hausen an der Würm2 seinem Herrn Johann Rudolph von Gemmingen-Mühlhausen3 den Kauf eines Viertels Wiesenland auf der Gemarkung Mühlhausen4 für 50 Gulden und jährliche Hühnerabgaben. Dürr erwarb die Wiese, um den bei Errichtung des württembergischen Landgrabens durch Veränderung des Flusslaufs der Würm seinem Wasserzulauf entstandenen Schaden mittels Gräben zu korrigieren und den alten Flusslauf unter Beibehaltung der Hoheitsgrenzen zwischen Württemberg und dem gemmingischen Gebiet wiederherzustellen.

Heimsheim, 31. Januar/10. Februar 1628 (Ausfertigung)

Ich, Wilhelm Dirr, Burger zue Heimß[en]5
und derweilen Innhaber der Mühlin, genant
die Frohn-Mühlen, ahn der Würmb6 gelegen, deß
durchleüchtigen hochgebohr nen Fürsten und
Herrn, Herrn Johann Friderichen7, Herzogen
zue Württemberg und Teckh, Grafen zue Mümp-
pellgardt und Herrn zue Heydenheimb etcetera, meines
gnädigen Fürsten und Herrn Aigenthumb und
mein Erbgueth, bekenne offentlich und thue
kundt allermeniglich hiemit Briefs, für mich und
meine Erben, die ich mit weniger alß mich selbsten
hierzue vöstiglich8 verbinde, demnach der hochehr-
würdig wohledel und gestreng Herr, Herr Johann
Ruedolph von Gemmingen zue Mühlhausen ahn der
Würmb, kaißerlicher Mayestät Rath, Theütsch-Ordens-
Ritter, Landt-Commenthur der underösterreichischen
Bolley9 zue Großen Sontag10 und bey Grätz ann Lechen,
mein gnädiger Herr, mir uff Herrn Undervogts und
Vorstmaisters zue Leonberg11 für mich günstiges
Intercediren12 und mein Beschehen underthönig Bitten
und Anhallten gnädig verwilliget, uff dero Marckhung
under meiner Mühlin ein Viertel gering von derselben
Wisen pro fünfzig Gulden verkäuflichen herzue-
geben, dergestalten, daß die Würmb durch solch
Stuckh Wisen ab- und widerum in alten Fluß unter
dem gemachten Landtgraben, daher mir der Schad zue-
gezogen worden, einwertz geführt. Auch die Seiten
in disem neugeförtigten Graben gegen Ihro Gnaden
Fleckhen Mühlhausen mit Einstedthung13[?] der Weyden
und anderm also versehen werden solle, daß hieran
der befahrende Schad weitern Einfreßens ver-
hüetet werden möchte. Beneben solle der altab-
gegrabene Fluß der Würmb nichtsdestoweniger
offen gehalten und also dem Waßer, sonderlich bey
großen Güßen, das Durchfließen in beeden Orthen
freygelaßen, auch der Grund14 vom neügemachten
Graben herübwertz gegen ermelltem Mühlhaußen
geworffen werden. Deßgleichen solle Württemberg
sich der Obrigkait, noch auch die von Hausen ihrer
Marckhung nit weiter anmaßen, dann wie von al-
tershero der[?] Würmb und altem Fluß, auch dem-
jenigen Stein15 nach, so unden im Landtgraben im alten
Fluß stehet, anjezo zuegefloßen, zue welchem gewant
und derselbig geöffnet werden solle und solche schaidet,
löblich gebraucht worden. Also dises erkauffte Stuck
Wisen, samt dem dardurch geführten Graben, anderst
nicht dann wie andere der württembergischen Under-
thanen, auff Mühlhauser Marckhung habende Wisen
und gar nicht für Schaidung der hohen Obrigkait
oder Marckhung zue halten. Dafier auch durch
solchen neugemachten Graben oder Fluß dem Lehenherrn,
Ihro Gnaden denen von Gemmingen, oder deren Under-
thanen an Güetern oder in ander Weeg Schaden
zuegezogen würde. Sie befuegt ohn alle Verhinderung
denselben widerum einzuewerffen und daß Waßer
in alten Fluß richten zue laßen, darzue solchen zuegezogenen
Schaden ich oder meine Erben und Innhabere der
Mühlin ohnfehlbar zue restituiren und abzuewenden
schuldig sein sollen. Hierauff, so gered und versprich
ich für mich, meine Erben und Innhabere bestimter
Mühlin, obehre gedacht Ihro Gnaden, deren Erben und
Innhabere diß Briefs über Erstattung obigen Kauff-
schillings nun hinführo zue ewigen Zeithen und Tagen
fürn jährlichen Dienst jährlichs uff Martini16 und
anno etcetera sechshundert-zweinzig-achte17 erstmahls
ußer besagtem geringen Viertel Wisen, dardurch der
neüe Fluß lauffen thuet, daran zwey kleine[?] Plätzlen
zwischen beeden alten und neüen Flüßen und gegen dem
Fleckhen Mühlhausen ligen bleiben, so mir zueständig
und ich zue nießen18 habe. Inmaßen solches die durch
die geschwohrne Undergänger alda gesezte vier
Stein ußweisen und schaiden thuen gehn Mühlhausen,
ohne allen Costen und Schaden zue antwortten und zue lü-
stern19, namlich ein alte Huen und zwey junge Hüen-
hen20. Im Fall aber der Lüferung halber (das doch
ob Gott Wil nit sein oder geschehen solle) Mangel er-
scheinen würde, so haben alßdann Ihro Gnaden deren
Erben und Innhabere diß Briefs guet Fueg und hie-
mit erlangt Recht, solchen neüen Fluß widerumb
einzuewerffen und abzuethuen. Darvor soll mich,
meine Erben und Innhabere der Mühlin nit streyen21, frieden,
fristen, schitzen noch schirmen; kein gaist- noch weltlich
Recht noch sonsten nichzit überall, dann ich mich für mich,
meine Erben und Nachkommen solcher aller und jeder
samt dem rechten, gemeiner Verzeyhung wider-
sprechende, gar und gäntzlich verzüegen und begeben
habe. Thue das auch jezo hiemit wißentlich in
Crafft diß Briefs. In Sonderhait22 aber solle diser
Brief sonsten in ander Weeg hochgedachtem,
meinem gnädigen Fürsten und Herrn ahn dero
gedachten Mühlin keinen Nachtheil bringen ohne
Gefährde. Und deßen zue wahrem Urkhundt
hab ich, eingangs besagter Wilhelm Dirr, dienst-
liches Fleiß gebetten und erbetten, den ehrnvösten
vorgeachten Lutherum Einhorn23, Undervogten zue
Leonberg24, meinen günstig gebiettenden Herrn, daß
er seines amtlichen Consens25 und diser meiner
Bitt weegen sein aigen Innsigel (doch ihme seinen
Erben und Amts-Nachkommen ohne Schaden) offentlich
hieran gehangen. Geben den letstern Monatstag
Januarii, alß man von Christi Geburth zahlt
eintausendt-sechshundert-zweindzig und acht Jahrn26.
Loco sigilli27
Copia Revers28
Wilhelm Dirren, Frohn-
millers zue Heimsheimb.
Gegen
Herrn Landtcommenthurn von
Gemmingen zue Mühlhaußen,
anno etcetera 1628.


1 Stadt Heimsheim PF.

2 Hausen an der Würm, Stadt Weil der Stadt BB.

3 Gemmingen, Johann Rudolph von (Hans Rudolph von Gemmingen – Wikipedia).

4 Mühlhausen an der Würm, Gde. Tiefenbronn PF.

5 Stadt Heimsheim PF.

6 Die Würm ist ein etwa 53 km langer Fluss in Baden-Württemberg, der im Schönbuch entspringt und bei Pforzheim in die Nagold mündet.

7 Herzog Johann Friedrich von Württemberg (* 5.5.1582; † 18.7.1628 auf dem Weg nach Heidenheim) war vom 4. Februar 1608 bis zu seinem Tod der siebte regierende Herzog von Württemberg.

8 Bedeutung: „vöstiglich“ = fest, ernsthaft.

9 Die Ballei Österreich war eine Verwaltungsprovinz des Deutschen Ordens (Deutschritterordens).

10 Groß Sonntag, Großsonntag; slow. (Übers. a. d. Dt.): Velika Nedelja, ist ein Dorf im heutigen Slowenien. Das Dorf und die gleichnamige Burg haben ihren Namen von der am Ostersonntag 1199 hier stattgefundenen Schlacht.

11 Stadt Leonberg BB.

12 Lat. = für jemanden eintreten.

13 Bedeutung: „Einstedthung“ = Eingemeindung, unter Einbeziehung.

14 Bedeutung: „Grund“ = Erdaushub.

15 Bedeutung: „Stein“ = Markstein.

16 Gemeint ist der 11. November, im Kirchenjahr das Fest des Heiligen Martin.

17 Gemeint ist das Jahr 1628.

18 Bedeutung: „nießen“ = im Sinne von nutznießen: ›etwas (Bezugsgrößen unterschiedlicher Art, meist liegende Güter, mehrfach auch Rechte, Ansprüche u. ä.) ihrem jeweiligen genuinen Zweck entsprechend nach gültigen Gewohnheiten und rechtlichen Regelungen wirtschaftlich nutzen; etwas (z. B. ein Gut) bewirtschaften; (Gewinn) aus etwas erzielen.

19 Bedeutung: „lüstern/lustern“ = ein Verlangen haben, begehren.

20 Bedeutung: „Hüenhen“ = Hühnchen.

21 Bedeutung: „streyen“ = verteilen, auswerfen.

22 Bedeutung: „in Sonderhait“ = besonders, vorzugsweise, im Einzelnen.

23 Einhorn, Lutherus, 1613–1629 (Unter-)Vogt zu Leonberg (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 2539).

24 Stadt Leonberg BB.

25 Bedeutung: „Consens“ = rechtlich erforderliche Zustimmung zu etwas, Bewilligung einer Sache.

26 Gemeint ist der 31. Januar 1628.

27 Lat. = Ort des Siegels / anstatt eines Siegels (in Abschriften die Stelle, an der im Original das Siegel angebracht ist).

28 Bedeutung: „Copie Revers“ = Abschrift als Antwort.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 368L Bü 102
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.