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Ingenieur Löscher an Herzog von Württemberg 1624

Ingenieur Wolf Friedrich Löscher1 berichtet aus Stuttgart2 Herzog Johann Friedrich von Württemberg3 über den Zustand und Verlauf des ausgehobenen Landgrabens zwischen Merklingen4 und Sternenfels5. Löscher übermittelt Vorschläge zum Ausbau des Verteidigungssystems mit Feldschanzen und Signalfeuern einschließlich der Integration einzelner außerhalb des Landgrabens befindlicher Orte. Mit Vermerk vom 21./31. Juli 1624 genehmigt der Herzog diese Vorschläge und befiehlt dem Kriegsrat deren Umsetzung.

Stuttgart, 19./29. Juli 1624 (Ausfertigung)

Durchleuchtiger und hochgeborner gnediger
Fürst und Herr. Auff Euer Fürstliche Gnaden gnedigem Bevelch
habe ich den aufgeworffenen Landgraben besichtigt
und berichte Euer Fürstlichen Gnaden in aller Unterthenigkeit, daß
solcher sich anfengt bei Merkhlingen, zeucht sich
herab auf Fridlsheim6, von dannen uff oder hinder
Diefenbrun7, Wurmberg8, Eschenbrun9 – welche Dörffer
alle außer der Schanz liegen – her, und lauft auff
Dirmenz10, Mühlacker11, Oetisheim12, von dannen durch
den Eichelberg hinauf zwischen deß Closters Maulbrun13
Weyer hindurch, auf daz Gebürg und biß ahn Sternfels
hinan.

Wie aber nun solche Schanz möchte aufgebaut werden,
damit sie continue14 bestehe (dann sie ahn vielen Orten
sehr eingeruzst15) das würde einen uberauß großen
Kosten belaufen. Insonderheit, da es mitt Waasen
und Luecken solte erbawet werden. Zudeme
ist der Graben ahn vielen Orten solchergestalt be-
schaffen, da er lauter Felsen und Stein, daß der Grund
schwerlich darzuzubekommen sein würdt. Auch ge-
sezt, daß gedachter Graben auf solche Weis solte erbauet
werden, würde es ahn vielen Orten, da sich die
Waßerquellen erregen, keinen Bestanndt haben,
sintemal solche Quellen sich keineswegs wollen
verdempfen laßen. Auch würde große Mühe und
Uncosten belaufen, daß man den Graben vor
den großen Güssen und Plazregen verwahre,
damitt solche Waßer nicht hineinlauffen und
den Graben mitt Schlik ganz außfüllen und
wider gleich eben machen würden.

Wan dan gnediger Fürst und Herr dieses alles in Obacht
und deme also vielgedachter Landgraben dero Land-
schafften aber zum Besten möge erhalten werden,
were meine einfeltige unterthenig Mainung,
daß man die eingefallene Preßen bestens wider reparirte
und alßden den gantzen Landgraben mit allerhandt
jungem Holtz besezte, welches da untereinander
sich verwüchste. So würde mitt der Zeit ein fast be-
stendig Werck darauß werden, für eins.

Zum andern ist mir von dem Forstknecht uff Stern-
fels die Gelegenheit, welcher Gestalt man vor die-
sem weiters mit der Schanz nach dem Necker16 zu
verfahren wollen, gewiesen, damitt daz angefangene
Werck möchte volkömlich beschloßen werden. Die
Linien aber solten von Sternfels ahn uff Kirnbach17
durch den Stromberger18 Forst und forderst uber den
Heüchelberg19 nach dem alten Landgraben – welcher sich
gar in Necker zeucht – geloffen sein. Demnach
aber etliche große Flecken, als Oelbrun20, Knittlingen21
Ober- und Unterdertingen,22 Kleingartach,23 Ni-
derhofen24 etcetera gantz außer der Linien geschloßen würden 
(da sie doch in Zeit der Noth sehr dienlich zu Guarni-
sonen), alß könte man wohl izt gedachte Dörffer mitt
einschliesen. Wie sie dan selbsten Euer Fürstliche Gnaden in aller
Unterthenigkeit ahngelangen, daß sie mitt möchten
eingeschloßen und gleichfals andern umbfangenen
Flecken ihr Vieh und Güeter sicher behalten und bauen
möchten. Erbieten sich auch nach irer Proportion,
gleich andere Embter und Flecken, mitt Hand anzule-
gen. Und wie ich von obgedachtem Forstknecht berichtet wor-
den, würde es uff der andern Seiten nicht allein Euer
Fürstliche Gnaden Beholzung, sondern auch dero Zehenden25 einen
merklichen Schaden bringen, daß es also Euer Fürstlichen Gnaden
wie auch dero Unterthanen uff disen Fall aber beeder-
seits ersprislicher.
Drittens, demnach nun vielgedachte Landwehr obgedachter Mai-
nung möchte auferbaut werden, will sich gebüren
dahin zu denken, wie solcher Graben ufs beste zu defendiren26
seie. Solches aber were mein geringens Erachtens
unvorgreiflicher Vorschlag, daß man nicht allein
die albereits aufgerichtete Reduiten27, welche zum
Theil sehr verfallen, wider reparirte, sondern noch
etliche mehr dazu auferbawen thete, damitt da-
rinnen Wachten und Fewrzeichen von einer zu der
andern könte gehalten werden. Auch zwischen sol-
chen Reduten mitt Reiterei rundirt und also hier-
durch der Landgraben nicht allein versichert würde,
sondern auch im Fall man in begebenten Zeiten Fewr-
zeichen gäbe, würde ein gantzes Land allert28 ge-
macht. Und da ein Feindt wolte mit Straifen
und anderm durchbrechen, könte man ihnen ahn
allen Orten vorwartten, sondern er würdt sich
auch schewen durchzusezen, da er vermerckt,
daß er durch gedachte Fewrzeichen lautbar gemacht
worden.

Welches alles Euer Fürstliche Gnaden zu untertheniger
Relation in aller Unterthenigkeit unver-
halten sollen. Actum29 Stutgarth, den 19. Julii
1624.

Euer Fürstliche Gnaden
untertheniger Diener
Wolff Friderich Löscher

Etcetera unser gnädigster Fürst und Herr last

ihme die drei gethane Fürschläg
wohlgefällig sein. Deßwegen die
Kriegßräth die Anordnung zue thun, daz sie
in daz Werkh gesetzt und sonderlich, daz mit denen
bei dem anndern Puncten benambsten Flekhen30 Handlungen
gepflogen werde, waß sie in specie31 zuem Einschluß
in den Landtgraben guethwillig reichen wollen. Stuttgart,
21. Julii 1624.

Fridrich


1 Löscher, Wolf Friedrich, württembergischer Ingenieur, 1627–1634 Kapitän/Hauptmann auf der Festung Hohentwiel, später Obervogt in badischen Diensten (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 2453).

2 Landeshauptstadt Stuttgart S.

3 Württemberg, Johann Friedrich Herzog von <https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_(W%C3%BCrttemberg)> (11.01).

4 Merklingen, Stadt Weil der Stadt BB.

5 Sternenfels PF.

6 Friolzheim PF.

7 Tiefenbronn PF.

8 Wurmberg PF.

9 Öschelbronn, Gde. Niefern-Öschelbronn PF.

10 Dürrmenz, Stadt Mühlacker PF.

11 Stadt Mühlacker PF.

12 Ötisheim PF.

13 Stadt Maulbronn PF.

14 Bedeutung: „continue“ = dauerhaft.

15 Bedeutung: „eingeruzst“ = eingestürzt, schadhaft.

16 Gemeint ist der Fluss Neckar.

17 Kürnbach KA.

18 Stromberg = waldreicher Höhenzug im nördlichen Baden-Württemberg.

19 Heuchelberg = Höhenzug im Landkreis Heilbronn.

20 Ölbronn, Gde. Ölbronn-Dürrn PF.

21 Stadt Knittlingen PF.

22 Oberderdingen KA (mit aufgegangenem Unterderdingen).

23 Kleingartach, Stadt Eppingen HN.

24 Niederhofen, Stadt Schwaigern HN.

25 Bedeutung: „Zehenden“ = der „Zehnte“ (Steuerabgabe, zehn Prozent des Ertrages).

26 Bedeutung: „defendiren“ = verteidigen.

27 Bedeutung: „Reduiten/Reduten“ = Feldschanzen.

28 Bedeutung: „allert (machen)“ = in Alarmbereitschaft (versetzen).

29 Bedeutung: „actum“ = gegeben, aufgesetzt (Datumsvermerk).

30 Ortschaften.

31 Bedeutung: „in specie“ = im Hinblick auf.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 248 Bü 2545
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.