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Gemeinden Knittlingen, Freudenstein und Zaisersweiher an Amt Maulbronn 1639

Die Vertreter der Gemeinden Knittlingen1, Freudenstein2 und Zaisersweiher3 berichten dem (württembergischen) Maulbronner4 (Unter-)Vogt Christian Heroldt5 von Strafandrohungen seitens des rekatholisierten Klosters Maulbronn und bitten darum zu veranlassen, dass die Untertanen in Frieden gelassen und nicht weiter bedroht oder drangsaliert werden.

Bretten, 7./17. Juli 1639

Dem edlen vesten6, hochgeehrten Herrn, ihme seye unßer
gehorsame willig Dienst und Grueß zuevor.

Was gestalltten der Oberambtmann zue Maulbronn
gesterigs Tags für Reden gegen unßerm Burger-
maister außgossen, das können wir nicht umb-
gehn, denn Herrn selbiges zue berichten wie hernach
zue sehen.

Erstlich hatt er ihme Burgermaistern befohlen, er
solle uff heut, Sontag, ein gantze Burgerschafft nacher
Knittlingen beschaiden in Pfleghoff7, da wölle er unß
ein neuwen Pfleger8 fürstellen. Aber es ist wider
zueruckhgestelltt, wegen der Soldaten noch ein
Tag oder zween. Da wölte er es fürnemmen.9

Zuem andern waißt der Herr Vogt, wie uff
denn 9. diß Monats eine Zuesamenkunfft
nacher Mühlackher10 beschaiden, welches Herr Vogt
wohl waißt, auß was Ursachen solches geschehen
solle. Welches Herr Oberambtmann auch erfahren
und innen worden, und hatt gegen gemelltem
unßerm Burgenmaister auch gesagt, welcher werde
hinaußgehn, haben sie schon die Anstalltt gemacht,
daß sie ein oder etlich überkhommen und mit ihnen
allßo verfahren, das sie es wohl empfenden werden.11
Sie wollen ihnen die Ohren abschneiden und die Finger-
spitzen, und das solle so gewiß geschehen, so wahr er
ein ehrlicher Amptmann seye, oder der Teuffel
solle sein Seel hohlen.

Drittens hatt er auch zue ihme gesagt, wann wir
im geringsten werden etwas mit Württemberg
zue thuen haben oder etwas contribuieren12, so sollen
wür wissen, das wür für ein jeden Kreutzer,
denn wür gegen Württemberg geben werden,
allmahlen ein Gulden nacher Maulbronn geben mießen.
Und noch darzue für ein jeden Kreutzer ein Guldin
zue Straff verfallen sein und darzue in großer
Ungnad stehen.

Vierttens hatt er auch zue unßerm Burgermaister
gesagt, auch andere guet ehrliche Leuth von ihme ge-
hört, sie wollen anjetzo in jede Fleckhen13 Salva Guardi14
anschlagen laßen, und welcher dasselbig werde hinweg
thuen oder daß selbige hinwegreißen, dennselbigen wollen
sie an Leib und Leben straffen. Weiln dann Gott
will, ihr fürstlichen Gnaden guetermaßen deß
Ambts wegen privilegirt ist, er denn Herrn im Closster
Maulbronn ein Bevelch zueschickhe, Inhallts, die Under-
thonen in Rueh zue laßen. Dann wür in gröster Gefahr,
dann sie unversehenerweiß ein oder denn andern uff
dem Felldt von der Arbaith hinwegnemmen möchten
und einem etwas zuefiegen, das Weib und Kinder
verderbt werden möchte. Weil dann die Sachen
allßo bewandt und beschaffen, allß bitten wür
deme Underthonen umb Gottes Barmhertzigkheit
willen, mann welle doch die Sach erörttern
mit denn gaistlichen Herrn zue Maulbronn,
damit sie unß mit Friden lassen und wir ohne
Gefahr unßer Arbaith schaffen und unßer Stückhlin
Broth gewinnen möchten. Dessen haben wir
ein hertzliches Verlangen. Hiemit unß allerseits
in denn Schutz deß Allerhöchsten treuwlich befohlen.
Datum Brettheimb15, denn 7. Julii anno 1639.

Dienstwillig[?]
jederzeit

Schulltheis, Burgermaister und
Gericht zue Knittlingen, und
Hanns Jacob Berwarth, Schulltheis
zue Freutdenstein, und Michel
Schimelin, Schulltheis-Ambts-
verweser zue Zayßersweyher.

 

Dem edlen vesten, hochgeehrten
Herrn Christian Heroldt, fürstlich
würtembergischen Vogt deß Closters und
Ambts Maulbronn etcetera, unßerm
insonders hochgeehrten Herrn
zue Handen.


1 Stadt Knittlingen PF.

2 Freudenstein, Stadt Knittlingen PF.

3 Zaisersweiher, Stadt Maulbronn PF.

4 Stadt Maulbronn PF.

5 Heroldt, Christian, (Unter-)Vogt zu Maulbronn 1639/40 (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 2605).

6 Bedeutung: „vest“ = stark, mächtig.

7 Pfleghof. Als Pfleghof wurde im Mittelalter und in der frühen Neuzeit der Wirtschaftshof eines Klosters bezeichnet, der sich in einer größeren Ansiedlung – meist einer Stadt – befand.

8 Bedeutung: Verwalter der Einkünfte.

9 Bedeutung: „Da wölte er es fürnemmen“ = da/dann wolle er es ausführen/durchführen.

10 Stadt Mühlacker PF.

11 Bedeutung: „haben sie schon die Anstalltt gemacht, daß sie ein oder etlich überkhommen und mit ihnen allßo verfahren, das sie es wohl empfenden werden“ = haben sie bereits Vorkehrungen getroffen, dass sie einen oder mehrere überwältigen und mit ihnen so umspringen werden, dass sie es bitter bereuen werden.

12 Bedeutung: „contribuieren“ = (eine Geldsumme, besonders eine Kriegssteuer) beitragen, bezahlen.

13 Bedeutung: Dörfer, Ortschaften.

14 Bedeutung: „Salva Guardia“ = ein Schutz- und Geleitbrief, der ursprünglich vom deutschen Kaiser verliehen wurde; hier: Freiheit vor fremden Gerichten, eigene Gerichtshoheit.

15 Stadt Bretten KA.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 502 Bü 56, Nr. 23
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.