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Gemeinden des Amtes Maulbronn an Herzog von Württemberg 1631

Bürgermeister und Gerichte der Gemeinden des zu dem 1630 rekatholisierten Kloster Maulbronn1 gehörigen Amtes beklagen gegenüber Herzog Eberhard III. von Württemberg2 in einem Beschwerdebrief die großen Schäden in Höhe von 48.900 Gulden, die sie beim Durchzug der Armee des Herzogs Karl IV. von Lothringen3 erlitten haben und bitten zugleich um herzoglichen „Schutz und Schirm“, falls die katholischen Äbte, denen man nur widerstrebend gehuldigt habe, sie in Religionsangelegenheiten noch mehr bedrängen sollten. Ferner ersuchen sie um Ersatz für das verlorengegangene Saatgut und Futter, um das Vieh durch den Winter bringen und im nächsten Jahr die Felder bebauen zu können.
In aller Ausführlichkeit und Bitterkeit berichten die Gemeinden von dem üblen Hausen der zwangseinquartierten Truppen, die die wehrlose Dorfbevölkerung nicht nur drangsaliert, aus den Häusern gejagt und ausgeplündert, sondern auch vor Vergewaltigung und Mord nicht Halt gemacht hätten. Sogar Wiegenkinder seien erbarmungslos abgeschlachtet worden und Nahrungsmittel, die die Soldaten nicht hätten „verfressen“ können, hätten diese mutwillig verdorben und mit Kot und Unrat besudelt. Die Offiziere wiederum hätten den Ausschreitungen keinen Einhalt geboten, sondern im Gegenteil die Soldaten noch angestachelt, was dazu geführt habe, dass die Überlebenden sich jetzt in einem derart jämmerlichen Zustand befänden, als hätte man ihnen „das Mark aus den Beinen gezogen“.4

[o. O.], 15./25. Dezember 1631

Durchleüchtiger Hochgeborner etcetera.

Gnediger Fürst unnd Herr. Allß uff Euer Fürstlichen Gnaden Commissarii5 Hannß Heinrich von Offenburg6 Zueschreiben unnd dero Vogts zue Maulbronn amptliches Bevehlen, wie die vonn Dürrmentz7, Mihlackher8 unnd andere genachburtte Fleckhen etlich Commiss9 an Brodt, Flaisch, Hüener, Ayer, Schmaltz, Butter unnd andern nothwendigen Vicualien10 alberayt dem lottrinischen Volckh nach Heimbßen11 zu fiehren gefasst gewesen. Unnd anderst nit gewust, weder daß selbiges Volckh zuegeschribnermaßen einen Rasttag zu ermeltem Heimbßen halten werden, hat es sich blötzlich begeben, daß solch gantz Volckh, auch waß vorhin schon in der Marggravschafft und uff denen von Adel12 gelegen, ihren March uff daß Ampt Maulbronn zue genommen; maßen am Sontag, den 4ten Decembris morgens vor der Predig, ohne einich vorhergangne Avisation13, unnd allso ohnverwarndten Dingen sie zue Dürrmentz unnd Mihlackher mit 5 Regimentten unnd dem Staab (darunder uber der 2.000 Pferdt) angefangen einzuefallen unnd Quartier zu nemmen, so lang, biß irer (wie die hohe Officier selbsten bekhendt) in die 7.000 zusamen khomen, ohnangesehen in solchen beeden Orthen (so bei der Kriegs-Expedition allwegen für 2 Fleckhen gehallten worden, aber nur ein Gemaynd ist) mehr nit weder 230 reych unnd arme Haußgesäß14 seyen.

[ S. 2v ]  Nit weniger haben sich solchen Tag zue Öttißheim15 979, Knittlingen16 3.000, Lentzingen17 1.200, Frödenstain18 223 unnd Dieffenbach19 398 Pferdt, unnd allso uff einen Tag, ohne den großen Troß, nahend in die 13.000 Mann zue Roß unnd Fueß in jetzbenandten 6 Fleckhen befunden. Welche drei Nacht unnd biß in den 4. Tag verharret, unnd gleich beede Pfarrherrn zue Dürrmentz und Frewdenstain sambt mehrertheils Pauren mit Weib unnd Kindern feündtlich auß den Häußern gejagt unnd durch die Läden außgesprenget, sie mit schießen, schlagen, hawen unnd stechen ubel tractiert; fast alle Truchen, Küssten, Casten unnd Kheller uffgehawen unnd gebrochen, waß inen gefallig geraubt, ußgeblündert unnd sonderlich der Underthonen unnd Außwahl mehrstentheils ihre Ober- und Underwöhr20 mitgenommen; waß inen nit beliebt verbrändt oder sonst verderbt, daß es niemand zue Nutzen kompt. Maßen sie auch die Beth zerschnitten unnd die Federn verflodert, vil Wein in die Erden lauffen laßen; item21 Küe, Kalben, Schaaff, Hämmel unnd Schwein darnider geschoßen, geschlagen unnd gestochen, unnd waß sie reuerenter22 nit erfreßen mögen, uff die freye Gaßen geworffen. Daß liebe Brodt, Mehl und andere beschehrte Gaben Gottes mit Menschen-Koot unnd Unlust23 schandtlich endtwehret unnd mißbraucht. Die ohnaußgetroschene Rockhengarben den Pferdten undergestrewet, Dinckhel- unnd Habergarben in die Rauffen24 gesteckht, waß sie an Hew unnd Öhmet25 nit verötzt, zue Mist gemacht; vil geschlachter Bohm in den Gärtten verderbt, alles Holtz-Zäun und Haußrath in die Aschen gelegt, wie sie dann inn und umb den Fleckhen Dürrmentz unnd Mihlackher allein 256 Wachtfeuer gehallten. Weyb unnd Mann, Jung und Alt, wo sich jemandt uff der Gaßen blickhen laßen, ußgezogen; unnd welches daß Allerbeschwehrste, Weyber unnd Jungfrawen, waß sich nit durch die Flucht salviert26, nothzüchtigt, geschandet unnd armselig zuegerichtet. Niemand, weder geistlich noch welltlich, auch der blöden armen Khindbetterin unnd Wiegenkhindlen nit verschonet. Wie sie dann zwey kleine Kinder gemetzget hetten, da sie nit von andern abgehallten worden. Unnd in Summa27 allso tirannisch, unchristlich unnd ubermiettig haußgehallten, daß es beweinlich zu Erbarmen, ja es (ußerthalb Brennens unnd Niderhawens) der grimmige Feindt nit ärger machen khenden unnd der darauß entsprungende Schad nit wol anzuschlagen oder beschriben werden mag.

Etlich Genachburte28 haben gleichwol uß Mithleyden vil Brodt, Fleisch, Habern und andere Victualien geschickht, den Underthonen aber ist nichtzit darmit geholffen gewesen, weyl solches bei den starckh angestellten Wachten intercipirt29 unnd uffgefangen worden.

Ob mann schon den hohen Officiern (dann gar kein Württembergischer Commissarius herbei gewollt) die ohnlittenliche Trangsalen sie auch durch ire Dollmetschen uff Theusch Remedierung30 zuegesagt, so hat mann doch verspirt, daß sie in ihrer Sprach die Soldaten nur gesterckht, darauff es je lenger je ärger worden.

Darbei dann der uber die zue Dürrmentz und Mihlackher gelegne fünff Regimenter oberste Commandant, Herr Raschur31, zue underschidlichen Mahlen gegen den Vogt unnd Amptschreiber (die ime die große Noth der armen Leuth beweglich zue Gemiet gefierth) ohnverholen rundt außgeschlagen; er müesste bekhennen, daß dieser von Mannschafft ringer Fleckh mit solcher mängin Vollckh allzu vil belegt seye. Er khende aber nit darfür, die guete Leuth haben deßen niemand zue danckhen, weder dem von Offenburg, der ime diß Dorff assigniert32, wir zwar wölden nit darfür halten, daß er von Offenburg solches gethan, khendtens ine auch anderst nicht bezichtigen, nichtztdestoweniger ist unnß gleichsamb daß Marckh uß den Bainen gezogen worden.

Haben also laider, Gott im Himmel erbarm’s, mit unerwindtlichem hertzbrechendem Schmertzen uber alles Verhoffen erfahren mießen, daß wir in grosem Ellend begriffne arme Underthonen (die wir vor ungefahr fünff Vierteljaren in deß Closters Occupation33 durch die münchische Huldigung34, ohne daß schon einmahl vom Hauß Württemberg alß ein Glid vom Leib schmertzlich abgeschnitten gewesen) under solchem umbgebnen großen Gewaldt wider so gar hilff- unnd trostloß verlaßen worden.

Wann hiebevor Durchzüg, Einquartierungen unnd dergleichen eingefallen, haben sich die Unnderthonen dannacht umb so vil zu erfröen gehabt, daß inen der Ordonantz35 gmeß von der Herrschafft Casten unnd Keller Commiss widerfahren. Seithero aber daß Closter eingenommen, ist inen nichtzit mehr gevolgt, sondern der Trauff unnd Lasst36 ainig unnd allein uff sie gerichtet worden, welches inen alls die vorhin in 300.000 [Gulden] Schuldenlast steckhen, ohnerschwänglich ist.

Dahero die gesambte Underthonen in höchste Ungedult unnd diese Gedanckhen gerathen, weil schon lang her der ordinari unnd extra ordinari37 Contributionen halber ein Anmahnungs- und

Betrewungsbevelch uber den andern ergangen unnd sie dergleichen Forderungen noch kein End sehen khenden, sondern vil mehr verspiren, daß ein Unglickh dem andern die Handt bietten unnd rebus sic stantibus38 kein Beßerung zue hoffen etcetera. Mann gedenckhe nur an sie, wann sie Gelltt hergeben sollen, wan sie aber in höchster Noth Schutz, Schirmbs, Rettung unnd Beisprungs bedürfftig, laße mann sie alls ein, ohne daß durch die continuirte39 Wochengelltter, beschwerliche Durchzüg, Einquartierungen unnd andre ohnnachläßige Anlagen gäntzlich enerviert40 unnd halb in Wind geschlagen Ambt im Ellendt trost- unnd hilffloß steckhen, mit ander n mehr ußbrechenden Reden, die wir nit schreiben dörffen unnd (dafeer nur Glegenheit vorfiele) eben einem gemeinen Auffstandt unnd Abfall gleich sehen thuen. Ja, sie seyen so unwirsch, daß sie auch iren jetzigen erlittnen Schaden anzuzaigen Bedenckhens getragen, mit Vorwandt, man habe uff gnediges Anbevehlen schon offtermahlen underthänig berichtet, aber noch nie gesehen, daß inen eines Hellers Werth Abtrag41 widerfahren, sondern bereden sich selbsten, je mehr Clagen eingebracht, je härtter sie darüber angelegt werden.

Deßen nur kurtze Anregung zu thun ist mit gantzem Ambt in nechst verfloßnem Monat Julio
durch die under daß Gallaßische Regiment42 gehörig siben Compagnien sambt dem Regiments-Staab, da meniglich bekhennen mueß, daß daß Ampt allzu vil überlegt gewesen unnd die hohe Officier, auch dem von Offenburg, die Schuldt geben, inwendig eilff Tagen mit dem halben Monat-Soldt, auch uberigem erpresstem Gelltt, item an Wein, Flaisch unnd andernn Victualien sambt abgenommenen Pferdten, Rantzionen43 unnd dergleichen Exorbitantien44, ein großer grundtsverderblicher Uncost unnd Schad zuegezogen worden, so sich erstreckht lautt uberschickhter Specification  36.092 [Gulden].

Vom 1ten Januarii anno 1630 biß dem 16ten Julii ejusdem anni45 ist uff den Anhaldtischen Regiments-Staab und 2 Compagnia, die iren Muster- unnd Sammelblatz im Ampt gehaltten, uber die  15.000 [Gulden].

Also hat mann auch im Maio nechsthin uff Jerg Mendlins von Stainvels46 bewilligten Muster- unnd Sammelblatz ußbezahlen mießen uber die 800 [Gulden]. Andrer entzwischen Jarsfrist vilfelltiger Durchzüg unnd Einquartierungen, deren schier keiner dem andern entweichen khenden, für dißmalen geschwigen, welche auch etlich 1.000 [Gulden] gecostet.

Nichtzit destoweniger unnd uber diß alles hat Herr Commissarius Hannß Heinrich von Offenburg
Euer Fürstlichen Gnaden Vogt zue Maulbronn von Haylbronn47 auß vor 14 Tagen zuegeschriben, daß selbige uff instendiges Ansuechen Herrn Obristen von Ossa48, der römischen kayßerlichen Mayestäten zue underthönigen Ehren, für daß Buquoisch Volckh49 (abermalen) ein Musster- unnd Sammelblatz gnedig bewilligt, welches wir auch gehorsamblich geschehen und in den überigen Fleckhen, darinn kein lotringisch Volckh gelegen, Quartier nemmen laßen mießen. Waß sie aber biß uff iren Auffbruch gecostet oder wie sich sonsten verhallten, ist noch kein gewise Nachricht vorhanden, wißen doch wol, daß es nit wenig anlauffen würdt.
Betreffende dann den jetzigen lottringischen Schaden, haben wir noch zur Zeitt, weyl vil Pauren  ußgerißen unnd noch nit alle bey der Stell, keinen satten Grundt50. So vil aber sein khenden, volgenden Lasst zusamen gebracht, namblich zue
Dürrmentz erstreckht sich die Aestimation51  19.545 [Gulden]

Knittlingen                                                                   10.479       „

Ottißheim                                                                     3.500       „

Frödenstain                                                                  1.666       „

Lentzingen                                                                   8.960       „

Dieffenbach                                                                   1.331       „

Wurmberg52 alda seyen 4 Tag zuvor 716 Pferdt dises Volckhs, so hernach ir Quartier in der Marggravschafft53 genommen, uber Nacht eingefallen, den Fleckhen geblündert und Schaden gethan:
1.479 [Gulden],

Eschelbronn54 ebnermaßen 659 Pferdt damalen Schaden zuegefiegt  1.453 [Gulden].

Unnd dann haben sie underwegen im Abzug den vorhin verderbten Fleckhen Öhlbronn55 ungevahr uff den halben Teil spoliert56, deßen Schad aestimiert in die  487 [Gulden].

Summa, waß uff diß lottringische Volckh gangen:  48.900 [Gulden].

Wann nun obig angeregter Uncost darzu gelegt, so befindt sich, daß diß Ampt innerhalb 2 Jaren ohne ander vilfältige Durchzügen und großen Schaden leyden mießen uber: einhundertmahl und etlich taußendt Guldin.57

Auß welchen Umbständen unnd allzu vil höchst beschwerlichster Amptz-Überlag auch Pressuren, Rantzionen unnd eyßerster Verderblichheit ohnwidersprechlich folgen mueß, daß die getroffne arme Underthonen uff den eyßersten Grad verderbt worden.

Mancher hat ain Aymerlin Wein, 4 bis 5, weniger oder mehr, in Keller gelegt unnd verhofft, denselben zum Gelltt zu bringen, damit er Weib unnd Kinder erhallten, auch Steur-, Schatzung- unnd Wochengellter sambt andrer Schuldigkheit abrichten mechte. Ist aber aller dahin, also daß sie auch weder die ordinari noch extra ordinari Contribution58 mehr raichen kenden.

Der Habern unnd daß Fuetter ist diß Jars vorhin nahend zusamengangen, jetzo aber dermaßen verötzt, daß irer vil, so vorhin ein Küelin durch den Wentter bringen khenden, khein thuechvol Hay oder ein Sayhabern59 mehr im Vermögen, daher sie eintweder daß Vich Hunger sterben oder umb halb Gelltt60 hingeben mießen.

Unnd wann Euer Fürstliche Gnaden inen gegen dem Frieling nit mit Habern gnedig Fürstandt thun61 werden, khenden sie die Välder nit mehr ußsehen62 noch uber Sommer pawen, sondern mießens wiest ligen laßen; maßen alperait irer nit wenig von häußlichen Ehren daß lieblose Ellendt Pawren unnd den Bettelstaab an die Handt zu nemmen getrungen worden.63

Dieweil dann, gnediger Fürst unnd Herr, die Sachen deduciertermaßen layder also beschaffen, das sich unsers Bedunckhens ein steinerine Hertz zu etwaß mitleidendem Erbärmbt bewegen
laßen sollte unnd wir nun bei disen gevahrlichsten Zeyten weder uß noch an unnd allso nechst Gott im Himmell irgendt wohin, dann, Euer Fürstliche Gnaden, unser Zueflucht zue suechen wißen.

Allß thuen, Euer Fürstliche Gnaden, wir in unserer nunmehr höchsten Extremitet, dero denn 23ten Februarii langsthin in eingenommner Huldigungs-Pflichten durch dero abgeordnete Commissarios gethaner gnediger verbriefter Zuesag, daß sie namblich unns, daß gemeine Ampt Maulbronn (neben anderm), vor Gewaldt unnd Amptzverderbung (mit welchen unnß Underthonen durch die Closters Innhaber unnd Papisten64 damalen, alls von Kayserlicher Mayestet abgefallnen Mainaydigen schon hefftig betrawet65 gewesen) gnedig schutzen, schirmen unnd handthaben wöllen, hiemit underthönig erinnern.66

Mit gantz underthönigem, fueßfälligem unnd umb Gottes Barmhertzigkheit willen hoch flehenlichem Anrueffen unnd Pitten, die wöllen doch unnß bißher gehorsame Vormundts-Underthonen der bei Ocupation deß Closters mit Gewaldt abgetrungner mü[n]chischer Huldigung in Ungnaden nit entgelltten, sondern oberzehlten, nur in zweyen Jaren (dann wir deß alltten, seit der angefangnen Union67 bei gemeinen Landtägen überschickhter Summa, die sich in die anderthalb Thunnen Goldts erstreckht, nit mehr gedenckhen) erlittnen großen, ohnüberwündtlichen verderblichen Schaden (mit deme wol manches Fürstenthumb, geschweigen ein so gering vorhin mit Zent, Zinß, Gülltten68 unnd Schulden höchlichst beschwehrt arme Ampt gnueg zu schaffen). Dero hocherleüchten unnd weit berüembtem fürstlichem Verstandt nach zue milttchrist fürstlichem Gemüeth fiehren unnd uns (die wir unnß sonst nit mehr zu erholen getrawen, sondern sobaldt wider Volckh ins Ampt kompt, von Hauß unnd Hoff entlauffen mießen) fürauß mit fernerer Einquartierung, auch Samel- unnd Mussterblätz, sovil miglich gnedig verschonen unnd vornemblich, weyl daß Spihl noch nit auß, vor besorgendem weiterm Gewaldt, Einfäll, Raub, Blinderung und dergleichen gnedig schutzen unnd schirmen; entzwischen aber Verordnung thun laßen, daß unnß zu Trost und Gutem, ob dero Cästen und Keller69, unnd doch nur der Ordonantz gmeß Commiss70 uß Gnaden hergegeben werde.

Daß wöllen, umb hochgedacht Euer Fürstliche Gnaden wir hinwiederumb in underthöniger, gehorsamer, nach eüßerster armer Vermöglicheit schuldigermaßen zu verdienen, jeder Zeitt in williger Bereytschafft erfunden werden, gnedig willfüriger Resolution71 mit hohem Verlangen underthönig erwartendt. Datum den 15ten Decembris anno 1631.

Euer Fürstlichen Gnaden

underthönig arme
gehorsame

Bürgermaister und Gericht
aller Fleckhen Maulbronner Amptz.


1 Stadt Maulbronn PF.

2 Württemberg, Eberhard III. Herzog von <https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_III._(W%C3%BCrttemberg,_Herzog)> (28.06.2023).

3 Karl IV von Lothringen – <https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_IV._(Lothringen)> (28.06.2023). Im Dreißigjährigen Krieg kämpfte er als Heerführer in Diensten der Katholischen Liga und Spaniens.

4 Vgl. Butz, Andreas: „Ja es der grimmige Feindt nit ärger machen khenden“. Die Einquartierung der Armee des Herzogs von Lothringen 1631 im Amt Maulbronn. In: Der Enzkreis. Historisches und Aktuelles 15, S. 78–92. Wir danken dem Autor für die Zurverfügungstellung seiner Transkription, die den Transkriptionsrichtlinien unseres Projekts angepasst wurde.

5 Bedeutung „Commissarius“ = Bevollmächtigter.

6 Offenburg, Hans Heinrich von, 1615–1634 Obervogt zu Nagold, 1622/23 Generalquartiermeister, 1632/33 Generalkommissar (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 1, Stuttgart 1957, § 1480; Band 2, Stuttgart 1963, § 2640). Hans Heinrich von Offenburg wurde bereits seit 1628 immer wieder vom württembergischen Herzog beauftragt, mit den kaiserlichen Heerführern wegen der Einquartierungen von kaiserlichen Regimentern in Württemberg zu verhandeln.
 Zu Offenburg vgl. Stolch, Axel / Jörg Wöllper: Die Schweden auf dem Breitwang, Nördlingen 2009, S. 63–66.

7  Dürrmenz, Stadt Mühlacker PF.

8  Stadt Mühlacker PF.

9  Bedeutung: „Commiss“ (Kommission) = Heeresverpflegung.

10 Bedeutung: „Vicualien/Victualien“ = Nahrungsmittel, Lebensmittel.

11  Stadt Heimsheim PF.

12  Bedeutung: „uff denen von Adel (gelegen)“ = ritterschaftliche Ortschaften.

13  Bedeutung „Avisation“ = Ankündigung, Benachrichtigung.

14 Bedeutung: „Haußgesäß“ = Hausbesitzer, Hauseigentümer.

15  Ötisheim PF.

16  Stadt Knittlingen PF.

17  Lienzingen, Stadt Mühlacker PF.

18  Freudenstein, Stadt Knittlingen PF.

19  Diefenbach, Gde. Sternenfels PF.

20  Bedeutung: „Ober- und Underwöhr“ = Ober- und Unterbekleidung.

21  Lat. = ebenfalls, ebenso.

22  Lat. = behutsam (gemeint etwa: gelinde gesagt).

23 Bedeutung: „Unlust“ = Unrat, Urin (wörtl.: Leibesunlust).

24 Bedeutung: „Rauffen“ = Futterleiter im Stall.

25 Bedeutung: „Öhmet“ = die Nachschur des Grases.

26  Lat. = retten.

27 Lat. = alles in allem, insgesamt.

28 Bedeutung: „Genachburte“ = Nachbarn.

29  Lat. = abgefangen, abgegriffen.

30  Lat. = Abhilfe.

31  Vermutlich ist der hier als oberster Kommandant genannte „Herr Raschur“ identisch mit Bernard de Raigecourt d`Ancerville, der bald darauf  in Hagenau den Oberbefehl über die Lothringischen Streitkräfte innehatte.

32  Lat. = zugewiesen.

33 Lat. = Besetzung; gemeint ist die Restitution des Klosters durch Einsetzung eines katholischen Abtes und dessen Mönche.

34  Das Schreiben bezieht sich zeitlich korrekt auf die Huldigung der Klosteruntertanen im September des Vorjahres, die aufgrund der Restituierung der Klöster an die katholischen Orden erfolgte. Nachdem am 14. September 1630 eine kaiserliche Kommission unter Wolf von Ossa das Kloster Maulbronn in Besitz genommen hatte, mussten am darauffolgenden Tag, am Sonntag, den 15. September die Untertanen aus den Klosterdörfern zur Huldigung erscheinen. Im Kloster selbst waren württembergische Amtleute eigens erschienen, um den Vorbehalt Württembergs gegen die Huldigung auszudrücken. Um die Anwesenheit der württembergischen Amtleute beim Huldigungsakt zu verhindern, wurde die Huldigung nicht im Klosterhof, sondern außerhalb des Klosters, vor dem Klostertor vorgenommen und den württembergischen Amtleuten das Verlassen des Klosters verwehrt. Die Klosteruntertanen wurden dann dort von dem zahlreich vorhandenen kaiserlichen Militär in die Mitte genommen und die Huldigung abgenommen, wobei die Untertanen nur – wie bei Huldigungen üblich – um die Garantie ihrer alten Rechte und Privilegien baten . Einige Tage danach wurde als  Abt des restituierten Klosters Christoph Schaller, bisheriger Prior von Eussertal, eingesetzt. Vgl. Günther, Heinrich: Das Restitutionsedikt von 1629 und die katholische Restauration Altwirtenbergs, Stuttgart 1901, S. 203 ff. und Seibrich, Wolfgang: Gegenreformation als Restauration, Münster 1991, S. 369 f.

35  Bedeutung: „Ordonantz“ = Anordnung, Befehl.

36 Bedeutung: „Trauff unnd Lasst“ = (finanzielle) Bürden und Belastungen.

37  Frz. = gewöhnlich bzw. außergewöhnlich.

38  Lat. = bei gleichbleibenden Umständen.

39 Bedeutung „continuirte“ = regelmäßig erfolgende, fortlaufende.

40  Lat. = entkräftet.

41 Bedeutung: „Abtrag“ = Rückerstattung, Ausgleichszahlung.

42  Die Regimenter des kaiserlichen Generals Matthias von Gallas kämpften bis Sommer 1631 an verschiedenen Kriegsschauplätzen in Italien und wurden dann nach Deutschland verlegt.

43  Bedeutung: „Rantzionen“ = Lösegelder zum Freikauf von z. B. Kriegsgefangenen.

44 Bedeutung „Exorbitantien“ = enorme Aufwendungen/Belastungen.

45  Lat. = desselben Jahres.

46  Mendel von Steinfels, Georg, Offizier im Dreißigjährigen Krieg, 1622 auf protestantischer Seite Teilnehmer an der Schlacht von Wimpfen (vgl. Reitzenstein, Karl Freiherr von: Der Feldzug des Jahres 1622 am Oberrhein und in Westfalen bis zur Schlacht bei Wimpfen, München 1891/93, S. 201). Im Mai 1631 hatte er offenbar ein Werbepatent und rekrutierte im Klosteramt Soldaten. Die 800 Gulden (fl.) fielen vermutlich für seinen und seiner Helfer Unterhalt an.

47  Stadt Heilbronn HN.

48  Ossa, Wolf Rudolf von (um 1574–1639), kaiserlicher General; vgl. <https://www.30jaehrigerkrieg.de/ossa-wolf-rudolf-freiherr-von-2/> (28.06.2023). Im fraglichen Zeitraum war er als Organisator des kaiserlichen Kriegswesens hauptsächlich für Württemberg zuständig und führte auch 1629 die Restitution der Klöster in Württemberg durch.

49  Das Kaiserliche Heer; hier bezeichnet nach Charles Bonaventure de Longueval, Comte de Bucquoy, auch Boucquoi oder Buquoy (1571–1621). Er war im Dreißigjährigen Krieg ein erfolgreicher Feldmarschall, der die Militärstrategie der Kaiserlichen maßgeblich beeinflusste.  Dieser Feldmarschall war allerdings längst verstorben; so verwundert der Sprachgebrauch. Vielleicht war der Name des großen Kriegsherrn aus der Anfangszeit des Krieges – u.a. Sieger in der Schlacht am Weißen Berge – im allgemeinen Bewusstsein noch so präsent, dass er seinen ehemaligen Truppen oder allgemein den Truppen des Kaisers noch anhaftete.

50 Bedeutung: „satten Grundt“ = solide Berechnungsgrundlage.

51  Lat. = Schätzung.

52  Wurmberg PF.

53  D. h. in der Markgrafschaft Baden. Weiter oben wurde erwähnt, dass Teile der Armee vor dem Eintreffen in den Maulbronner „Flecken“ (= Ortschaften)  schon in markgräflichen und ritterschaftlichen Orten gewesen und danach wieder nach Württemberg zurückgekehrt seien, um in den maulbronnischen Flecken ihr Quartier zu nehmen. Darunter hat sich wohl auch dieses Regiment befunden.

54  Öschelbronn, Gde. Niefern-Öschelbronn PF.

55  Ölbronn, Gde. Ölbronn-Dürrn PF. 1622 wurde Ölbronn bereits zu einem erheblichen Teil zerstört und ausgeplündert, außerdem auch viele der Einwohner getötet.

56  Bedeutung: „spoliert“ = verwüstet, geplündert.

57  D.h. weit über 100.000 Gulden.

58 Bedeutung: „weder die ordinari noch extra ordinari Contribution“ = weder die gewöhnliche noch die zusätzlich erhobene Kriegssteuerabgabe.

59  Bedeutung: „Sayhabern“ = zum Aussäen bestimmter Hafer.

60 Bedeutung: „umb halb Gelltt“ = zum halben Preis.

61 Bedeutung: „gegen dem Frieling nit mit Habern gnedig Fürstandt thun“ = zum Frühling hin nicht mit Haferlieferungen gnädig beistehen.

62  Bedeutung: „ußsehen“ = aussäen.

63  D.h.: nicht wenige der Bauern ließen bereits ihre Felder unbebaut und gingen stattdessen betteln.

64  Bedeutung: „Papisten“ = Katholiken.

65  Bedeutung: „betrawet“ = bedroht.

66  Am 30. Januar 1631 erging ein Ausschreiben des minderjährigen Herzogs Eberhard an die Schirm-Vögte über die Klöster. Darin heißt es unter anderem: „Solchemnach befehlen Wir Euch, Ihr wöllen Ewre anvertrawte Aigenthumbs Underthanen, wie bißhero, zur standhaftigkeit bester formb erinnern mit andeuten, daß Inen wider allen unrechten Gewalt gehöriger Schutz, Schirm und Erhaltung bey der Religion beschehen und widerfahren solle […].“ Zitiert nach: Sattler, Christian Friedrich: Geschichte des Herzogthums Württemberg unter der Regierung der Herzogen, Tübingen 1774, Band 7, Beilage 10. Auf dieses Ausschreiben, dessen inhaltliche Zusage der zuständige Vogt an die Klosteruntertanen mit einer Zeitverschiebung und in Verbindung mit einer Huldigung der Klosteruntertanen unter den Herzog weitergegeben hat, bezieht sich hier der Beschwerdebrief.

67  Die Union war ein Defensivbündnis protestantischer Territorien, dem auch Württemberg angehörte; es bestand von 1608 bis zu seiner angesichts der Überlegenheit der Katholischen Liga erfolgten Auflösung im Jahr 1621.

68 Bedeutung: „Gülltten“ = Zahlungen, Abgaben, Schulden.

69  Bedeutung: „dero Cästen und Keller“ = aus den herrschaftlichen Vorräten.

70  Bedeutung: „Commiss“ = Verpflegungsleistungen.

71  Bedeutung: „Resolution“ = Entscheidung.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 502 Bü 373
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.