Gemeinde Weissach an Rittmeister Geizkofler 1622
Die Vertreter der Gemeinde Weissach1 erbitten von dem in württembergischen Diensten stehenden Rittmeister Ferdinand Geizkofler2 seine in Weissach einquartierte berittene Einheit anzuweisen, das speziell in den Weinbergen gezeigte schonungslose Verhalten gegenüber der Bevölkerung zu unterlassen, weil die Menschen durch die kriegsbedingt schwierige Ernährungssituation mit starker Verschuldung auf eine ergiebige Weinlese unbedingt angewiesen seien.
[Weissach, vor 23./30. September 1622] (Ausfertigung)
Wollgeborener etcetera gnediger Herr, Euer Gnaden, pitten
wir, zuo Endt Underschribene, gantz underthönig
und hochvleissig3, diß unnßer Anbringen in allen
Gnaden zu vernemmen.
Gnediger Herr, wir seindt diß Jars gottlob vor
andern Fleckhen4 zümblich gesegnet, indem, das wir
ein feines Herpstlin inskhünfftig zu gewartten
haben. Darvon nun wir unnd ein jeder insonderheit5
sein Haußhalttung retten soll unnd mueß, dan der
eine schon ettlich Jar mit Weyb und Khünder dar-
auff endtlehnet und geessen, der ander dort mit
den Schulden und der Haußhalttung zu thun. Allso
wo unns das liebe Herbstlin nit zum Besten gedeyen,
wir in noch grössere Schuldenlast kommen und ge-
bracht würden. Nachdem aber die Trauben
nunmehr gottlob anfangen zu zeittigen, die
Reitter wie auch ire Jungen denn Mißbrauch an sich
nemen wollen und unverscheücht6 rottenweiß hin
unnd wider in die Weingertt sich einschlaichen, die
Trauben hauffenweiß herabschneiden, theills darvon,
welche inen belieben, behaltten, theills aber, welche noch
nit guot, von sich werffen unnd ligen lassen. Inmaßen7
erst vorigen Tag ein Weingarttner8 einen zümblichen
Huot voll gantz unzeitig vom Veldt herein gebracht.
Welcher‘s aber gethan, wissen wir nit. Weill
dann nicht allein uns unßer Nahrung hierdurch geschmählert,
sondern zuomahl auch unßerm etcetera gnedigen Fürsten
unnd Herrn etcetera der Zehendt9 abgetragen und gemindert
wirt, alls pitten Euer Gnaden wir gantz under-
thönig unnd hochvleissig, diesselb, Euer Gnaden, wollen mit
deren Compagni-Reittern, unnd sonderlich den Jungen,
verschaffen, sie dahin anhaltten unnd vermögen10, damit
die Trauben fürohin vor Inen gesichert unnd das Jenige,
was unns der Liebe Gott uff dem Veldt bescheret,
auch zum besten unnd einträglichen Nutzen mechte ge-
raicht werden, damit wir bey Weyb und Khünder
und dem Unßerigen verbleiben unnd allso unßer Nahr-
ung auch gehaben mechten. Solches umb Euer
Gnaden in aller Unnderthönigkheit zu verdiennen, wollen
wir solchs so tags, so nachtz nimmer vergessen, umb
gnedige Hilffshandt unnderthönig pittendt.
Euer Gnaden etcetera
underthänige
Schuldtheiß unnd Gericht allhie
zuo Weyssach, im Namen
gantzer Commun11 daselbsten.
1 Weissach BB.
2 Geizkofler, Freiherr von Haunsheim, Ferdinand, 1622 Rittmeister über eine Kompanie Kürassiere (StAL B 90 Bü 1479); evtl. identisch mit dem Hofrat, später Geheimen Rat, Erbschenk, Hofkanzler und Landsdirektor (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 1, Stuttgart 1957, § 1094, 1708).
3 Bedeutung: „hochvleissig“ = in höchstem Maße beflissen.
4 Ortschaften.
5 Bedeutung „insonderheit“ = vor allem, insbesondere.
6 Bedeutung: „unverscheücht“ = ohne dass Einhalt geboten würde.
7 Bedeutung: „inmaßen“ = in der Art, dermaßen, desgleichen, so.
8 Weinbauer, Winzer.
9 Bedeutung: „der Zehendt“ = der Zehnte (die zehnprozentige steuerliche Abgabe eines Ertrags).
10 Bedeutung: „wollen […] verschaffen, sie dahin anhaltten unnd vermögen“ = möchten [sie] anweisen, dazu anhalten und verpflichten; möchten [sie] dahingehend zurechtweisen.
11 Bedeutung: „Commun“ = Gemeinde.
Quelle | Staatsarchiv Ludwigsburg B 90 Bü 1484 |
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu. |