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Gemeinde Königsbach an Markgraf von Baden-Durlach 1623

Die Vertreter der Gemeinde Königsbach1 bitten den Markgrafen Friedrich V. von Baden2 um landesherrliche Unterstützung für den Wiederaufbau der im Jahre 1622 zerstörten Königsbacher Kirche. Es habe zwar der Ortsherr Ernst von Seckendorff den Untertanen einen großen Raum in seinem Schloss zur Abhaltung von Gottesdiensten zur Verfügung gestellt, die Gemeinde sei jedoch recht zahlreich, weshalb der Raum insbesondere bei der aktuellen Hitze nicht groß genug sei.

Am 12./22. Juni 1623 beauftragen die badischen Bauräte in einem Randvermerk den Baumeister Hans Hornung mit einer schnellstmöglichen Ortsbesichtigung und der Vorlage eines Berichts samt Handlungsvorschlag.

Königsbach, 10./20. Juni 1623 (Ausfertigung)

Durchleuchtiger hochgeborner Fü[rst],
Euer Fürstliche Gnaden seyen unnser underthenig
gehorsam willige Dienst zuvor3.

Gnädiger Fürst und Herr. Euer Fürstliche Gnaden […]
gnädiges Wissen, wie das leyder in dem
bayrischen Durchzug unnser Kirch nicht
allein durch den Feindt verhörgt, verbrendt
und verderbt4, sondern auch die Glockhen in
Grundt verschmelzet worden. Damit aberdas liebe Wortt Gottes einen alß den
andern Weg unverhindert geprediget werde,
der wohledel unnser auch günstiger Junckher
Ernst von Seckhendorff, den Gottesdienst
zu verrichten, ein grosses Gemach in dero
adelichem Schloß alhie, vergunt und einge-
raumet5. Dieweilen aber, wie Euer Fürstliche Gnaden
ebensfahls gnedigs Wissens haben werden,
eine zimliche starckhe Gemeindt alhie hatt
dannenhero6 unmüglich menniglich7, weilen
gedachter Orth etwas zu eng, das liebe
Wortt Gottes anzuhören. Und weilen nit
Platz zu stehen oder sitzen, mehrertheils da-
rin verhindert werden. Wie dan nicht wenigers
angeregter Ursachen und jetziger Hitz und ange-
sehen kein bequemer Orth zu predigen, dem Her
Pfarrern gantz beschwerlich, müeseelig und
gleichsam unmüglich fallen und sein will.

Dieweilen aber, gnädiger Fürst und Herr, das
liebe Wortt Gottes unnser höchster und Seelen-
schatz, auch unnser Seeligkeit in demselben
stehet. Derowegen unß alß Christen gebühren
will, dasselbige sovil müglichen zue befür-
dern8. Nun aber die Heyligen- und gemeinen
Fleckhens Gefäll9 also beschaffen, das es un-
müglich, von demselben widerumb eine Kirch,
wie schlecht die auch were, zu erbauen und uffzu-
richten. Damit aber und auß oberzehltten10
Ursachen wegen die Predigten von der ganzen
gemeindt desto besser und füeglichster11
besuecht werden könten, derweylen eine
Gelegenheit oder Hütten von Holz und Dühlen12,
damit man nur truckhen13 darunder stehen möchte,
uffgerichtet wurde, biß endtlichen Euer Fürstliche Gnaden
und die hierzu interessierten Vogtsherrn einer
andern Gelegenheit zue bawen sich vergleichen
thetten. Nachdem aber unnser Waldt al-
hie nicht allein gering und abgängig,
sondern einen geringen Bezirckh, woltten
Hocherleucht Euer Fürstliche Gnaden wir hiemit […]
nig […] und höchstes Fleisses gebetten haben […]
christlichen Mitleyden und Erbären, das […]
auß dero Forst, so am bequemesten, darzu […]
auß Gnaden mittheilen und widerfahren,
auch wie die noch stehende Mauren und
das Fundament beschaffen. Auch wie
die Hütten oder Gelegenheit zue machen14
deroselben verordtneten Baumaister
den Augenschein einzunehmen, gnedig wider-
fahren lassen. Das würdt der all-
mechtig Gott, seiner wahren Verheissung
nach, Euer Fürstliche Gnaden mit seinem milttreichen15
Segen anderwerts reichlich belohnen.
Ihne den Allmechtigen auch darumb mit
unnserm inbrünstigen Gebett zu ersuechen,
zeit unnsers Lebens in keinen Vergeß
stellen16.

Euer Fürstliche Gnaden hiemit göttlicher Bewahrung17
derselben ob es unß zu Gnaden und gne-
diger Willfahrung underthenig beveh-
lendt. Königsbach, den 10ten Junii
anno 1623.

Euer Fürstliche Gnaden
underthenige ge-
horsame
Anwaldt, Schultthaiß, Burgermeister
und gesampt Gericht, auch gantze
Gemeindt daselbsten.

[Randvermerk:]

Der Bawmeister Hanß
Hornung soll in fürder-
lichstem18 sich nacher König-
spach begeben, seinen Augen-
schein einnemmen, sein gut
Beduncken, wie am besten
der Sachen zu helffen
sein wirdt khönnen,
geben. Auch zu seiner
Widerkunfft19, wie
es beschaffen sey,
fürstlicher Cantzley referiren20.
Decretum21 Carlspurg22  
Den 12ten Junii
anno etcetera
1623
Fürstlich Markgräflich Baw-
verordnete Cammer-
maister und Räthe
Ernst Ludwig Leuttrumb
von Erttingen23,
Hanns Philips Schumacher


1 Königsbach, Gde. Königsbach-Stein PF.

2 Baden, Markgraf Friedrich V. von <https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_V._(Baden-Durlach)> (02.02.2023)

3 Bedeutung: „seyen zuvor“ = sei(en) versichert.

4 Bedeutung: „verhörgt, verbrendt und verderbt“ = verheert, niedergebrannt und zerstört.

5 Bedeutung: „vergunt und eingeraumet“ = vergönnt (in großzügiger Weise zur Verfügung gestellt) und eingerichtet.

6 Bedeutung: „dannenhero“ = seitdem, von da an.

7 Bedeutung: „menniglich“ = jedermann, alle.

8 Bedeutung: „bevürdern“ = fördern, pflegen; hier: zelebrieren.

9 Bedeutung: „die Heyligen- und gemeinen Fleckhens Gefäll“ = die Einkünfte der kirchlichen und kommunal-dörflichen Verwaltung.

10 Bedeutung: „oberzehltten“ = oben erwähnten/ausgeführten.

11 Bedeutung: „füeglich“ = passend, angemessen, geeignet, schicklich.

12 Bedeutung: „Dühlen“ = Dielen, Fußbodenbeläge.

13 Bedeutung: „truckhen“ = trocken.

14 Bedeutung: „Gelegenheit zue machen“ = die Voraussetzung zu schaffen.

15 Bedeutung: „milttreichen“ = mildtätigen, gnädigen.

16 Bedeutung: „keinen Vergeß zu stellen“ = niemals zu vergessen.

17 Bedeutung: „göttlicher Bewahrung“ = göttlicher Fürsorge.

18 Bedeutung: „in fürderlichstem“ = wörtl.: Fortgang bewirkend, nach dem Ziele hin kommen machend; hier: um dieses schnellstmöglich in die Wege zu leiten.

19 Bedeutung: „zu seiner Widerkunfft“ = bei/nach seiner Rückkehr.

20 Lat. = berichten.

21 Lat. = Beschluss vom (…), beschlossen am (…).

22 Das Schloss Karlsburg in Durlach, Stadt Karlsruhe KA, war von 1565–1718 markgräfliche Residenz.

23 Leutrum von Ertingen.

Quelle Generallandesarchiv Karlsruhe 229/55353
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.