Der Landgraben bei Mühlacker (Dürrmenz)
Entlang des Dürrmenzer Wegs bzw. der „Plattensteige“ läuft der Landgraben…
Entlang des Dürrmenzer Wegs bzw. der „Plattensteige“ läuft der Landgraben auf Dürrmenz zu. Etwa 450 m hinter der Gemarkungsgrenze Wiernsheim/Mühlacker trifft er auf die zwischen 1695 und 1697 errichteten Eppinger Linien, die ihn kreuzförmig von Westen nach Osten überschneiden. Zusätzlich schützte ein nördlich der Linie gelegenes Hornwerk, das den hier entsprechend ausgebauten Landgraben einbezieht, den Durchgang der Plattensteige. In diesem Bereich lassen sich sehr gut der konstruktive, funktionale und zeitliche Unterschied zwischen beiden Liniensystemen erkennen. Die Eppinger Linien machen mit ihrer größeren Breite und den massiveren Wällen einen weitaus wehrhafteren Eindruck als der Landgraben. Dieser wurde 1695 jedoch in das Befestigungssystem eingebunden, indem er als Verbindung zwischen Dürrmenz und den Eppinger Linien genutzt wurde. In seinem Schutz konnten Truppenverschiebungen stattfinden, was durch die Errichtung von fünf Brücken über die Enz bei Lomersheim im Jahr 1697 obsolet wurde. Den Akten zufolge hub der württembergische Landesausschuss einen 7 m breiten und 4,6 m tiefen Graben zwischen Dürrmenz und dem Hornwerk aus. Offenbar war damit der Ausbau oder die Instandsetzung des bereits bestehenden Landgrabens gemeint. Es wäre somit eigentlich zu erwarten, dass der nördlich des Hornwerks gelegene Wallgraben des Landgrabens ausgeprägter als der südliche sein müsste, was jedoch nicht der Fall ist, vielmehr scheinen beide Abschnitte „wie aus einem Guss“. Es fragt sich also, inwieweit die Angaben bzgl. der 1695 erwähnten Arbeiten stimmen bzw. ob diese tatsächlich ausgeführt wurden, da sich auch an anderen Stellen der Eppinger Linien in den Akten Anweisungen für die Errichtung neuer Schanzwerke finden, die jedoch nie ausgeführt wurden1.
Anhand der Kieserschen Forstkarte Nr. 107, der Urkarte und des Gewannnamens „Bei der Schanz“ lässt sich der heute nicht mehr bestehende Verlauf zwischen Rotenbergwald und Dürrmenz rekonstruieren. So ist er auf der Forstkarte als „Landtgraben“ bezeichnet und führt vom nördlichen Waldrand in kleinen Windungen, jedoch stetig nach Norden auf die Westgrenze des Dorfes zu. In natura beschreibt die Plattensteige, also die heutige L1134, seinen Verlauf zwischen Waldrand und Enzknick südöstlich des Ortes. Auf einer Kopie der Urkarte von 1835 im Dienstsitz Karlsruhe ist zu einem unbekannten Zeitpunkt ein ca. 70 m langes Grabenstück etwa 100 m nördlich des Waldrandes eingezeichnet worden. Vermutlich ging der Landgraben im Bereich der Schleife, die die Landstraße bei der Wasserhalde macht, in die Wegeverbindung zwischen Landstraße und dem Bodenrainweg über, folgte letzterem bis zur Wiernsheimer Straße und entsprach dieser dann bis nach Dürrmenz. Eine alternative Linienführung entspräche dem Hohlen Weg.
Westlich des Ortes war sein Verlauf 1870 noch erkennbar, wurde in der Oberamtsbeschreibung fälschlicherweise aber den Eppinger Linien zugerechnet. Das südliche, seit Neuhausen nachvollziehbare Landgrabenstück endete in Dürrmenz: Wie die Kiesersche Forstkarte 107 zeigt, bildete möglicherweise zunächst der nördliche Ortsrand die Grenzlinie, die dann von der Enz aufgenommen und weiter, ab der Mündung des Erlenbachs in die Enz, durch diesen bis hinter Ötisheim als „nasse Grenze“ fortgeführt wurde.
Ist der Landgraben auf den Schwarzweiß-Fotografien, als die sich das Kiesersche Kartenwerk erhalten hat, bis Dürrmenz stets als dicke, zur Hälfte schwarze und graue Linie dargestellt, die wohl Wall und Graben anzeigen soll, ist die Grenze in ihrem weiteren nördlichen Verlauf – wenn überhaupt – nur noch als dünnere, dunkle Linie verzeichnet. Dies verwundert, entspricht doch der Abschnitt zwischen Ötisheim und Ölbronn ebenso einer Forst-2 als auch der württembergischen Landesgrenze.
Der Straßenname „Am Landgraben“ östlich von Mühlacker im Neubaugebiet auf dem Geißberg ist irreführend, dürfte er sich doch auf den 1695 als Teil der Eppinger Linien errichteten Graben beziehen, der hier zwischen den beiden Fürstenbergschanzen die durch das Tal führende Illinger Straße abriegelte. Auch die Bezeichnung des Abschnitts der Eppinger Linen zwischen Stumpenwiese und Sauberg als „Landgraben“ geht auf eine Fehlinterpretation zurück3. Ob die nördlich von Mühlacker gelegene Ulmer Schanze der Eppinger Linien in ihren Ursprüngen auf den Württembergischen Landgraben zurückgeht, kann ebenfalls nicht nachgewiesen werden.
Offenbar bildete also zunächst die Enz zwischen Dürrmenz und Mühlacker die Grenze. Nass blieb sie auch mit Verlassen Mühlackers, indem sie – den Kieserschen Fortkarten Nr. 101 und 102 zufolge – dem Erlenbach über den gleichnamigen Weiler bis hinter Ötisheim folgte.
1 Rümelin, Eduard: Die „Eppinger Linien“. In: Sonderabdruck aus Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde 1930/31, S. 5; Goessler, Landgraben, S. 364.
2 Also der des Stromberger Forstes.
3 Rümelin, Eppinger Linien, S. 14; 20; Knöller, Karl: Unser Dürrmenz-Mühlacker: Ein Ortsbuch für Haus und Schule. Dürrmenz-Mühlacker 1928, S. 80.