Baumeister Keßenbrott an Herzog von Württemberg 1632
Der württembergische Baumeister Kilian Keßenbrott1 erstattet dem württembergischen Herzog Bericht über die in Knittlingen2 nach dessen Zerstörung notwendigen Arbeiten zum Wiederaufbau. Er übersendet eine Schätzung über das für die herrschaftlichen und privaten Gebäude benötigte Bauholz und unterbreitet Vorschläge zu dessen Beschaffung.
Stuttgart, 4./14. Dezember 1632
Durchleüchtiger hochgebornner Fürst.
Gnädiger Herr etcetera. Uff deren zue Knittlingen bey fürstlicher
Cantzley underthönigs Anmahnen unnd Begehren
wegen deß bedürfftigen aichinem wie auch
thanninem Bawholtzes3 laider zue deroselben ver-
brantten Hofstätten ist darauff von Euer Fürstliche Gnaden
hochlöblichen Kürchenräthen mir endtsbenanten be-
vohlen worden, mich nacher Knittlingen zu ver-
fuegen unnd demnach nunmehr etwoos an denn
Hofstätten werde abgeraumbt sein, nit allein bey
Euer Fürstliche Gnaden Gebäwen oder Hofstätten in dem Pleg-
hof, Kürchen unnd Pfarrhauß, sondern zuemahl
auch bey der gantzen Burgerschafft ihren aignen Hof-
stätten den Augenschein einzuenemmen und einen
Yberschlag zue begreuffen, was man ungevahrlech
der eüßersten Nothurfft nach in allem an aichinem
unnd thänninem Holtz gebrauchen mechte.
Welchem ich dann dißer Tagen zue gehorsamer Volg4
underthönig nachgesetzt, mich nacher besagtem
Knittlingen verfüegt und zue vorderist in dem
Pfleghof, Euer Fürstliche Gnaden aigene Gepöw5 umb bösserer
Nachrichtung willen, wie dieselben zuvor erbawt ge-
weßen, umb etwas in Grundt gelegt, wie dan solches
beygelegter Abriß mit sich bringt.
Hernacher mich in dem Fleckhen hin unnd wider uf
der Burgerschafft aigene Hofstätt auch begeben
unnd mit allem Fleiß inn Beysein deß Vogts und
Closters Verwalltter zue Maulbron, wie auch
deß Schuldthaißen unnd ettlicher vom Gericht zue
Knittlingen, besagte Hoftstättin besichtigt unnd
auch abgezählt. Unnd sovihl allß 171 Heußer
unnd 99 Scheuren, Hofstätten befunden, nach der
Ställ unnd kleinen Nebengepäulin zue geschweigen,
daß thutt in allem ann Heußer unnd Scheuren zue-
samen 270 Hofstatt. Unnd weyl nun solche Hof-
stättin an Heußer unnd Scheüren in der Größe einander
sehr ohngleich, auch zuem Thails unden mit steinere
Stöckhen, zum Thails aber auch nur von Holtzwerckh
erbawt geweßen, allso ist es gleichsamb unmüglich,
weyl sonderlichen solche Hofstätten bey weittem
noch nit gar abgeraumbt, deß Bawholtz halben einen
gewißen Yberschlag6 zue begreüffen. Dan man die
Burgerschafft so anietzo weith voneinander zerstreyt
unnd ihren Underschlauff7 wohl an 34 underschüdlichen
Ortten suechen müeßen, dieselben nit beysamen haben
kann, damit man von einem jeden Hoffe vernemmen
mögen, wie unnd welchergestallten er zue bawen begehrt.
So mann aber auff die gehörtte 171 Häußer Hofstätt
zue einer in die andern, ann aller Gattung Holtz
80 Stämm rechnen würdt, so belaufft es sich zue
denn Heußeren 13.680 Stamm. Unnd dan uff 99
Scheuren Hofstatt auch uf eim in die ander 30 Stamm
gerechnet, so trifft es zue besagten 99 Scheuren
2.970 Stamm unnd in allem an Heußer unnd
Scheuren zusamen 16.650 Stamm.
Demnach ich nun nach verferttigten Yberschlag, an die
von Knittlingen begehrt mich zu verstendigen, was
sie an obgemelter Summa deren 16.650 Stamm
ußer ihren aigenen oder deß Fleckhen gemeine
Waldungen herzuegeben getrawten. Die berichten mich,
das sie zue einer jeden Hofstatt ann Heußer unnd Scheuren
durcheinander 25 Stam aichine Holtz8 hergeben wollen,
daß thutt 6.775 Stamm. Welchen dan meines under-
thönigen Erachtens zue Verschonung unnd ohne Ver-
wüestung der Gehültz nit wohl ein mehrers würdt
zuezuemuothen sein.
Ermangelt allso noch an der Summa der 16.650
Stamm noch weiters 9.875 Stamm. Ferners so hab
ich mich neben dem Closters Verwaltter und Wald-
maister auch in deß Closters Gehültz verfüegt,
dieselbe mit Fleiß beritten. Auch miteinander er-
wogen, was ohne Verwiestung derselben darauß
zue hauwen sein mechte unnd nach wohlbedänckhlichem
Erwegen sovihl befunden: Wann Euer Fürstliche Gnaden zu disen
verbrannten Hofstätten, deren, wie vornen gehört,
270 seindt, auff jede Hofstatt 10 Stamm Aichen
Holtz usser Gnaden raichen ließ, so thutt es 2.700 Stamm.
Weiters würdt deß Closters Gehültzen zue dißem Mahl
auch nit zuezuemuothen sein in Ansehung dessen, weyl
es sonsten noch ein starckhe Anzahl Holtz zue der Pfleg
Gebew unnd Kelttern, item auch zur Kirchen unnd anderm
erfordern würdt.
8 Bedeutung: „aichene Holtz“ = Eichenholz.
Demnach es aber biß zur ganntze Summa deren
16.650 Stamm ergentzt werden noch 7.175 er-
mangelen thuett, allso wehr mein underthönig
ringfüegig Bedenckhen, damit auch der Aichwäld
umb sovihl ein mehrers hierdurch verschont würde,
doch ohne Maßgab nichtzig vorgeschrüben, Euer Fürstliche Gnaden
hetten dißen armen verbrannten und hochbetrangten
Leüthen den Yberrest deren 7.175 volgendts ann
thänninem Holtz9 auß dem Wildbader Vorst außer
Gnaden widerfahren lassen. Daß thutt allso in
einer Summa aichinem unnd thänninem Holtz zue-
samen, welches Euer Fürstliche Gnaden ihnen usser Gnaden wider-
fahren ließ, 9.875 Stamm. Gebürthe allso uf ein jede
Hofstatt an Heüßer unnd Scheüren, klein und groß durch-
einander, 10 Stamm aichines unnd 20 Stam thännin
Holtz.
Obgleich wohl die Summa, so sie von Euer Fürstliche Gnaden und
dem gemeinen Fleckhen zue Knittlingen vermög
gantzen Yberschlags, 16.650 Stamm groß scheinen
will, so haben sie doch, wann sie alle widerumb
bawen sollten, bey etlich taußendt Stamm noch nicht
gnuog, dann sich der vollkhommene unnd rechte
Yberschlag uf 27.000 Stam in allem erstreckhen
thutt. Allein steth man in Sorgen, daß ihrer sehr vühl
wegen großer Armuth nit so bald mehr werden bawen
khönden. Derentwegen der Yberschlag darnach gericht
oder begriffen, auch für rathsamer erachtet worden,
daß fürs erste Mahl nit zue vühl Holtz gefälltt
werde, auch kheinem khein Stamm geben oder zuegelassen
werden soll, mann wisse dann zuvor gewiß, ob er
bawen woll oder nicht, damit daß Holtz nit ver-
geblich abgehawen unnd verwüest würdt.
Sonsten seindt zwar auch ettliche benachparte Fleckhen,
so aigene Gemaindtwaldungen haben, denen zue
offt besagten Knittlingen etwas vom Holtz darauß
zu steüren mit Schreiben ersuecht worden, aber von
keinem Ortt wegen Kürtze der Zeitt noch khein
Resolution ervolgt. So aber dißer Ortten etwas volgen
würdt, wie man ohnzweifellich darvor halten thutt,
so khombt es den armen Verbranten zuem Besten.
Sonsten die Yberschläg zue Euer Fürstliche Gnaden aigenen Ge-
bäwen, so sie im Baw zu erhalltten schuldig, alß die
Kirchen unnd alle Gebäw im Pfleghof. Item auch daß
Pfarrhauß sambt selbiger Scheuren beträffet, ist under
dißem Holtz-Yberschlag noch nichts allß daas Pfarr-
hauß sampt selbiger Scheuren begriffen. Brauchet
allso mit der Kürchen auch allen andern Gebäwen im
Pfleghof uff Euer Fürstliche Gnaden gnädiger Resolution,
welche Gebäw under dißen zuem ersten sollen vorge-
nommen, allß dann khennen auch ordenliche Yber-
schläg unnd Abriß zue einem jeden insonderhait
gemacht werden.
Ob mann gleichwohl bey fürstlicher Cantzley bevohlen
unnd der Meinung geweßen, yber die beede Keller-
gewelber nur verlohrne Hüttin von Brittern
zue machen, darmit die Gewälber10 vor Rägen und
Schnee umb etwas desto bessers für den Einfahl
gesichert zue sein, will sichs doch ybel schickhen unnd
der Cösten zue groß werden. Unnd daß der Ursachen,
daß der eine Keller under dem Korncasten und
der ander under der Zehendtscheuren11, dieweyl mann
nun beeder Gebew kheinen wohl endtrathen khan,
auch jeder ein schlechten ein Baw erforderen thutt.
Allso wehr meines underthänigen Erachtens zu Erspahrung
deß Closter dißer zwayer Hüttin zum Vorderisten
mit solchen zwayen Gebäwen vorzuegehn, ohnange-
sehen mann die Kelttern uf den khünfftigen Herbst
auch ybel würdt endtrathen khönnen. Dan die besagten
zwo Hüttin sehr groß unnd auff das Wenigste
250 [Gulden] zuesamen costen werden. Also wehre meines
ringfüegen Erachtens dißer Costen uf gemelter Bäw
einen, wa nit an die Zehendtscheüren, jedoch an denn
Korncasten zu verwenden, dieweyl man ir solcher
Gebäw khein in die Hart oder Leng ermanglen khan.
Sonsten erfordert auch die höchste Notturfft mit
demjehnigen Bewlein auff dem großen Kellershalß
am Korncasten, so 23 Schuech12 lang und 16 Schue braitt,
fürderlichst fürzuegehn. Wann ir das Pfleghauß noch
der Zeitt nit vorgenommen werden khan, darmit nit
allein der Kellers-Halß am Gewälb für dem Einfahl
umb etwas bessers gesichert, sondern das auch ein
Pfleger von dem Closter auß zue seiner Hinkhunfft
biß die andere Gebew erbawt werden, meg deß Tags
zue dem Schreiben unnd anderem seiner Verrichtungen
seinen Underschlauff haben. Hieran mann dan den
steinerin Stockh noch ein hiltzerin Stöckhlin sampt
einem Tachwerckhlin, darein ein Stüblein, Küchelin
unnd auch ein kleines Cämmerlin oben under das Tach-
werckhlin. Hierzue dann allberaith das aichin Holtz,
namlich 25 geringer Stämmlein, gefällt. Wan nun
alle Fuohren zue dißem Peylin durch die Closters
Fuohren verrichtet, auch die Schreinerarbaith in dem
Closter unnd selbigem Costen gemacht, die Thür unnd
Läden von dem zuegegenligendten allten Eyßen-
werckh beschlagen unnd angehenckht. Allso kan diß
gantze Bewlin im Yberigen von allen andern Handtwerckhs-
leüthen gar wohl mit 60 [Gulden] zum End gebracht werden.
Beschließlichen gedunckht mich auch nit unrathsamb
zue sein, das offt gedachter Pfleeghof an der Zargen13
mit Thor unnd Thüren zuallervorderst beschloßen
gemacht werde. Sonderlich wan man anfangen zue
bawen, damit die darein gesichrte Materialien
vor dem Außtragen und Hinwegschlaiffen um
sovihl desto mehrers gesichert wehren. Doch alles
zue Euer Fürstliche Gnaden gnädigem Belieben gestelltt unnd
zue dero beharrlichen Fürst miltten Gnaden
mich underthönigst bevehlendt. Datum Stuett-
gardt, den 4. Decembris anno 1632.
Euer Fürstliche Gnaden
underthönig
gehorsamer
Kiliann Keßenbrott
Ohngevahrlicher Yberschlag.
Was mann ann aller Gattung für Aichen-
holtz zue einem gantz newen Keltterbohm14
mit vier Vierlingen vonnöthen sein würdt.
Doch ist ein Stamm zue zwayen Biethschahlen15 ge-
rechnet, wie es dann in deß Closters Maul-
bronn Gehültzen gar wohl sein kan.
4 Stamm zue denn Kellter Vierling, jeder
lang 40 unnd dickh 3 Schuech.4 Stamm zue den vier langen Schwöllen, deren doch
jeder ein langen unnd ein kurtze Zwerchschwellen
aneinander geben soll. Ein lange Schwöll lang 28
Schuech, ein Zwerchschwell lang 8 Schuech unnd
jeden an langen unnd kurtzen Schwellen in der
Viehrung dickh unnd breith 15 Zoll. Allso muß
under dißen vier Stämmen jeder lang sein 37
Schuech unnd dickh yber denn Stamm fellig dickh
2 Schuech.
2 Stamm zue den hindern Dockhen oder Barth-
seylen, jeder lang 22 Schuech unnd fellig dickh
3 Schuech.
Latus16 10 Stamm.
5 Stam zue zehen Biethschalen, deren
doch jeder zwo Schahlen aneinander
geben mueß. Jeder Stam lang sein
31 Schuech unnd fellig dickh 2
biß 2,5 Schuech.
2 Stam zue den Leüthseülen17 unnd
selbiger Zwerchschwellen. Jeder lang
34 Schuech unnd an dickh 2 Schuech.
- Stamm zue dem underen und mitleren
Streyholtz under die vier lange Schwel-
len zwischen die Barth unnd Laithseilen18.
Der muoß lang sein 36 unnd dickh
2 Schuech.
2 Stamm zue allen Büegen unnd den
Schappellhöltzern. Item auch zue
der Bruckhen unnd Dockhen, zum Keltter-
stein, deßgleichen zue Nadel unnd
Schließen. Muoß jeder Stamm lang
sein 30 unnd dick 6,5[?] Schuech.
Latus19 10 Stamm.
Summa zue einem einigen
Kelltterbohm
20 Stämm.
Summa Summarum
zue allen sieben Bohmen zuesamen
140 Stämm.
Dieweyl mann dann uf daß nechst khomendt New
allß uff den Newenjahrsabendt ein yberauß
kräffliche Quote Zeitt zum Holtzfällen hatt und
an dißen Haubthöltzern nit wenig gelegen,
darzue mann die Zeitt billich in Acht nemmen
soll, allso wehr meines underthönigen Eracht-
ens, doch ohne Maßgebung nichts nit vorgeschrüben,
die Sach zue befürderen, damit diße guote Zeitt
nit versowmbt werde.
Quelle | Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 502 Bü 313 |
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu. |