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Auszüge aus dem Tagebuch des Söldners Peter Hagendorf mit Bezügen zu Pforzheim (Teil 1: 1634/35)

Hagendorf berichtet über seine Zeit nach der Nördlinger Schlacht (unter dem Kommando des Jan von Werth) mit Aufenthalten in Kirchheim/Teck, Stuttgart, Pforzheim, Durlach, wieder Pforzheim, Heidelberg (mit Einnahme der Stadt), erneut Pforzheim, wieder Heidelberg (mit missglückter Einnahme des Schlosses), Wimpfen, nochmals Pforzheim (Winterquartier), Tübingen, Villingen und Rottenburg.
Beim zweiten Aufenthalt in Pforzheim führte Peter Hagendorf eine junge Frau mit sich hinaus, entließ sie jedoch wieder. Im Pforzheimer Winterquartier verheiratete er sich mit Anna Maria Buchler.

September 1634 bis April 1635

[…]1
Auff diesmal hatt mich
der Almechtiege sonderlich
behutet, also das ich
den lieben Godt höchlich
dafür die Zeit meines
Lehbens zu dangken
habe, den mir ist kein
Finger verledtzet worden,
da sonsten kein einiger


1 Die drei obersten Zeilen werden hier nicht wiedergegeben, da sie sich inhaltlich noch auf die Schilderung der Nördlinger Schlacht beziehen.

alle die wieder zum Regemendt
kommen sindt, ohne
Schaden gewessen sindt.
Den nach der Schlagt, was
beiris oder keisries gewessen
ist undt hin undt wieder
gefangen ist worden,
sindt wieder zu ihre Regemendt-
ern gegangen. Ich undt
mein Junge sindt in einer
Stunde zusamen bei der
Combpeniege, da ich vor-
mals gewessen bin, zu-

samen kommen. Da hat
mir der Haubtman,
welcher zu Straubingen2 auch
mit mir gefangen ist worden,
die Corbpralstelle wieder
gegeben. Dis ist ge-
schehen dessen den 7. Sebtember
1634 Gars.
Von Nörlingen3 sindt wir ge-
zogen die Schwediessen nach.
Was noch in Besatzung lag
auff Lauingen,4 auff
Kirchen an der Egk5 in Wurten-


2 Stadt Straubing SR.

3 Stadt Nördlingen DON.

4 Stadt Lauingen DLG.

5 Stadt Kirchheim unter Teck ES.

berger Landt, hat sich gudt-
willieg ergehben. Auff Stugkert,6
auff Pfordtze,7 alhir sindt
wir stilgelehgen etc.
In der Schlagt ist gefangen
worden der Horn undt Kratz8
als Jenersperschönen, undt
vil Obersten. Undt von Pford-
tze auff Turlach,9 stilgelegen.
Undt die Schwediessen, was noch
ubrieg blieben ist, mit comm-
andierten Volg nachgegangen
bis an die Brugken zu
Strasborgk.


6 Stadt Stuttgart S.

7 Stadt Pforzheim PF.

8 Graf Gustav Horn af Björneborg, schwedischer Feldmarschall (1592–1657) und Graf Johann Philipp Cratz von Scharffenstein, bayerischer General, dann schwedischer Feldmarschall (1590–1635).

9 Durlach, Stadt Karlsruhe KA.

Alhir in Turlach ist gut-
ter Wein gewessen. Da hab-
en wir wider Kirwe ge-
habt; alles Preis gewess-
en. Alhir habe ich wieder
Hembter bekommen, undt
mein Jung hatt ein Pferdt, mit
Nahmen ein Schimmel,
erbeutet. Bin wieder wol
gestanden. Von Turlach
auff Pfordtze; alhir habe
ich auch ein junges Medges[?]
herausgefuhret, aber

ich habe sie lassen wieder
hinein gehen, den sie hatt
mir must Weiszeug herraus-
tragen, welches mir offt ist
leit gewessen, den ich hate
auff diesmal kein Weieb.10
Von hir sindt wir gezogen
auff Hedelbergk11 in der
Unterpfals. Das haben wir
eingenommen, die Stat, aber
das Schlos nicht. Dis ist ge-
schehen dessen den 19. November
1634 Gars.


10 Medick, Hans:  Der Dreißigjährigen Krieg. Zeugnisse vom Leben mit Gewalt. 3. Auflage, Göttingen 2019, S. 114, wertet dies eindeutig als “Kompensationsgeschäft”, wobei Hagendorfs Vergewaltigungsbegehren durch andere Leistungen begegnet werden konnte.

11 Stadt Heidelberg HD.

Wir sindt stargk gewesen
mit 4 Regemedtern zu
Fus undt 3 zu Pferdt.
Johan de Werdt12 hat uns
commandiret. Den wir
waren zu schwag, also must-
en wir die Stat wieder ver-
lassen undt gegangen bis
nach Pfordtze. Alhir sindt
noch 9 Regemendtern zu
uns kommen sambt
dem Graffen von Grons-


12 Johann Freiherr von Werth, bayerischer Reitergeneral (1591–1652).

felt.13 Undt wieder nach Hedel-
bergk, die Stadt wieder ein-
genommen, dain gelehgen
14 Tage. Undt haben das
Schlos beschossen undt wolten
es zu sprengen. Als nun
alles ist fertieg gewessen,
24 Tonnen Polffer unter
dem Schlos, da ist die fran-
zösiesse Arme ankommen,
30 tausent Man stargk,
undt nimbt uns die Schansse
ein, da 7 grosse Stug in

 


13 Graf Jost Maximilian von Bronckhorst-Gronsfeld, bayerischer Feldmarschall (1598–1662).

stunden. Ehe wier es ge-
war wurden, den es war
ehben umb Wachtzeit, so
haten unser Leute vormeinet,
es wehre die Waht undt
wolte ablösen. Also lest
uns der französiesse Gener-
al abziehen mit 9 Regemeter
zu Fus, das ander Folgk
war schon weg. Sindt ge-
zogen auff Winffe.14 Die
 Stugk hat er all be-

 


14 Stadt Bad Wimpfen HN.

halten, aber uns hat er
lassen ziehen mit Sag undt
Pagk. Mein Junge hatt eine
schöne Kuh mit ausgefuhret.
Ist verkaufft worden zu
Winffe umb 11 Tall. Alhir
leuff ein Wasser, der Negker,
ist schiffreich. Darnach auff
Pfordtze. Alda haben wir
unser Windterqartier gehabt
fur unser Regemendt.
Diesen Winter habe auch

alhir Wein gnug gehabt
umbsonst. Dieses ist ge-
schehen den 25. December
dessen 162415 Gars.
Von Winffe in Tall auff
Pfordtze. Gudt Weinwagsx
undt Kornbauw. Alhir
kommen 2 Wasser zu-
samen, als de Nabe16 undt
die Ensse, lauffen in
Negker auff Winffe undt
Hedelbergk zu etc.


15 Verschrieben statt: 1634.

16 Nagold (Fluss).

In diesen Gar den 23.
Januari dessen 1635 Gars,
habe ich mich mit der ehrren-
tugendtsahme Anna Maria
Buchlirin, das Martin Buch-
lers Tochter, verheiratet. Der
liebe Godt erhalte uns bei
langwieriger Gesundtheit.
Zu Pfordtze habe ich Hochzeit
gehalten, hat gekostet
45 [Gulden]. Der Vater

hat darzugegeben 10 [Gulden].
Uber Winter alhir verbl-
ieben, den 25. Abpril
brochen mit der gansse Arme
auff Diebingen,17 die Haubt-
stat in Wurtenberger Lant.
Alhir hat es eine Hohe Schule.
Auff Hohenzollern, ein
festes Schlos, licht auff einen
hohen Bergk. Auff Fillingen.18
Alhir endet sich das Wurten-
berger Landt.  […]


17 Stadt Tübingen TÜ.

18 Villingen, Stadt Villingen-Schwenningen VS.

Quelle Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. Germ. Oct. 52, fol. 48–54; Online: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0000BDD000000000
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.