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Amt Derdingen an Herzog von Württemberg 1622

Hans Georg Beyhel1, Amtmann des Herrenalber2 Stabsamtes Derdingen3, berichtet Herzog Johann Friedrich von Württemberg4 über die von seinen Amtsorten schriftlich eingereichten Klagen, in welchen diese um Erlass des ihnen auferlegten Anteils an den allgemeinen Kriegslasten sowie um Schutz vor weiterer Plünderung durch feindliche Soldaten bitten, da sie sonst wegen eigener Armut künftig nicht mehr ihre Steuern und Abgaben erstatten könnten. Dieses Schreiben fügte das Amt Derdingen im Jahre 1624 seinem Bericht an das Kloster Herrenalb abschriftlich als „Beilage C“ bei.

Derdingen, 19./29. August 1622 (Abschrift)

C.

Gnediger Fürst unndt Herr etcetera. Außer beyligenden
zwayen unnderthönigen, mir schrifftlich einge-
lüffertten meiner Amptsanbefohlenen
flehenlichen Claagen, daß haben Euer Fürstliche Gnaden mit
Numero 1 und 2 signirt5, ußer deren summarischen, un-
christlichem Verlauff gnädig zu vernehmmen etcetera.
Dieweil aber auff solches innstendig Erklagen
unndt hochfleißiges6 Bitten die Sach je lännger
je ärger sich ansehen lasst, darzue die Be-
trawungen7 über Menschen unnd Viche
je lännger je mehr fortgehen, auch die
Bawrschafft8 sich insgemein dahin ver-
lautten laßen will, daß der Feündt im
benachbaurten Ortten so unchristlich
niehmahlen gehanndlet, in Maßen sollich9
Werckh augenscheinlich zu verspühren,
allß stehet zue Euerm Fürstlichen Gnaden gnedigem
Gefallen, soferr dieselbe solchem umb-
stendtlichen Fürbringen10 nicht wahrhafften
Glauben zue stellen wolltten, deroselben
Commissarios11 zu verordnen und darüber
inquiriren12 zue laßen. Dann sonnsten die
arme Euer Fürstliche Gnaden Unnderthonen, zuesambt
Weib unndt Kinndern, die Veldter wüest unndt öed13 ligen
laßen, unndt aüffs khünfftig weder Zehenden14
hoff noch anndere schuldige Gülltten15 mehr
erstatten khönnen. Mitt unnderthönigem
Bitten Euer Fürstliche Gnaden Befelch zu erthailen,
ann waß Ortten mann sich des benamsten
unnd muotwillig angelegten Unkostens
zu erhohlen, deßwegen umb gnedige Hüllffs-
hanndt unndt fürderlicher Resolution16 gebetten
würdt. Erkleren sich darbey, ihr Leib, Ehr, Bluot
unnd Guot beyzuesetzen, wann sie vor
ferrnerer Plünderung möchten gesüchert
sein. Welches Euer Fürstliche Gnaden ich under-
thönig berichten, beneben dero zue Gnaden
mich gehorsamblichen befehlen sollen.
Datum denn 19ten Augusti anno etcetera 1622.
Ambtmann zue Der-
tingen, Hannß Jerg
Beyhell.


1    Beyhel, Hans Georg (verst. 1627), 1616–1627 Amtmann zu Derdingen (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 3379).

2    Stadt Bad Herrenalb CW.

3    Oberderdingen KA (bis 1835: Ober- und Unterderdingen).

4    Württemberg, Johann Friedrich Herzog von Johann Friedrich (Württemberg) – Wikipedia (TT.MM.JJJJ).

5 Bedeutung: „signirt“ = bezeichnet, beziffert.

6 Bedeutung: „hochfleißiges [Bitten]“ = dringliches, drängendes [Bitten].

7 Bedeutung: „Betrawungen [über Menschen unnd Viche]“ = Bedrohungen [im Hinblick auf Mensch und Tier].

8    Bedeutung: „Bawrschafft“ = Bauernschaft.

9 Bedeutung: „sollich“ = solches.

10 Bedeutung: „umbstendtlichen Fürbringen“ = ausführliche/eingehende/genaue Berichterstattung.

11 Bedeutung: „Commissarius“ = Bevollmächtigter, Beauftragter, Gesandter.

12 Bedeutung: „inquiriren“ = untersuchen.

13 Bedeutung: „wüest unndt öed“ = verwüstet und brach [liegen].

14 Bedeutung: „Zehenden“ = den Zehnten (Steuerabgabe von 10 % des Ertrages).

15 Bedeutung: „Gültt(en)“ = Geld, Zahlung, Einnahme, Ertrag an Frucht, Wert, Zahlung.

16  Bedeutung: „fürderlicher Resolution“ = förderliche bzw. hilfreiche (schriftliche) Erlässe, Verordnungen, Statuten.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 29 Bü 37
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.